Körperscanner für Kunstwerke
Übermalte Wandgemälde galten lange Zeit als unwiederbringlich verloren. Denn herkömmliche Verfahren eignen sich selten, um die verborgenen Werke schonend sichtbar zu machen. Mit Terahertz-Strahlen wollen Forscher die Malereien jetzt zerstörungsfrei "enthüllen".
Viele Kirchengemälde bleiben der Nachwelt verborgen, weil sie im Lauf der Jahrhunderte übermalt wurden. Vor allem im 16. Jahrhundert verdeckten reformatorische Bilderstürmer die religiösen Wandmalereien. Doch auch in späterer Zeit wurden diese oftmals übermalt, und so überlagern heute mehrere Schichten die künstlerischen Fassungen unterschiedlicher Epochen. Mechanische Freilegungsmethoden bergen die Gefahr, das Originalwerk zu beschädigen. Auch die jüngeren, ebenfalls erhaltenswerten Schichten und Bilder über dem Original müssten zerstört werden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff und Strahltechnik IWS in Dresden haben es sich jetzt zum Ziel gesetzt, die Werke mit einer zerstörungsfreien Untersuchungsmethode sichtbar zu machen. Dabei setzen die Experten auf die Terahertz-Strahlung (THz). In dem Projekt "TERAART" - gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF - arbeiten sie mit der TU Dresden, dem FIDA Potsdam und der Hochschule für Bildende Künste Dresden zusammen.
"Wir nutzen die THz-Strahlung, weil sie den Putz und die Tünche durchleuchten kann, selbst wenn diese Schicht relativ dick ist. Anders als beispielsweise UV-Strahlung ist die THz-Strahlung nicht schädlich für das Kunstwerk. Infrarotstrahlen kommen für unser Vorhaben nicht in Frage, ihre Eindringtiefe ist zu gering. Auch Mikrowellen sind keine Alternative, da sie unter anderem nicht die nötige Tiefenauflösung erreichen," erläutert Dr. Michael Panzner, Wissenschaftler am IWS. Für die Untersuchungen wurde ein mobiles, überall einsetzbares System entwickelt. Es besteht aus einem Scanner mit zwei Messköpfen, der die Wand kontaktfrei abfährt. Ein Messkopf sendet die Strahlung aus, der andere empfängt die reflektierten Strahlen. Unterstützung bekamen die Forscher dabei vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM, das die angepasste THz-Komponente aufbaute.
"Zum Erzeugen der THz-Strahlung verwenden wir einen Femtosekundenlaser mit dem Bauprinzip eines Faserlasers. Das von uns verwendete Verfahren der THz-Zeitdomänenspektroskopie nutzt die mit dem Femtosekundenlaser erzeugten, kurzen elektromagnetischen Pulse mit einer Dauer von ein bis zwei Picosekunden. Jede Schicht und jedes Pigment reflektiert diese Pulse anders, so dass sowohl ein Bildkontrast als auch eine Tiefeninformation gewonnen werden kann," sagt Panzner. "Die Messergebnisse geben beispielsweise Auskunft über die Dicke der Schichten, um welche Pigmente es sich handelt und wie die Farben angeordnet sind. Eine eigens entwickelte Software setzt die Messergebnisse zu einem Bild zusammen, das die Struktur der verborgenen Malereien anzeigt."
An einer Testwand, auf der Bilder verschiedener Farbtypen mit Tünche übermalt wurden, ist es den Wissenschaftlern bereits gelungen, die Strukturen der verdeckten Malereien zu enthüllen. Im nächsten Schritt steht der Praxistest in einer Kirche an. Die Experten sind zudem sicher, mit der THz-Strahlung auch krebserregende Biozide an und in Kunstobjekten aus Holz oder Textilien nachweisen zu können. "Denkmalschützer dürften ein großes Interesse an unserem 'Körperscanner für Kunstwerke' haben," ist Panzner überzeugt.
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