Durchbruch in der Thermoelektrik: Magnetfelder verbessern die Kühlleistung in topologischer Materialien

Ein neuer Ansatz für effektive thermoelektrische Kühlung bei niedrigen Temperaturen

14.01.2025

Forscher am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe haben in Zusammenarbeit mit der Chongqing-Universität und dem Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik einen Durchbruch in der topologischen Thermoelektrik erzielt. Ihre Forschung, veröffentlicht in Nature Materials, hat eine bahnbrechende Entdeckung in der Thermoelektrik enthüllt: Die Anwendung eines schwachen Magnetfeldes kann die Kühlleistung topologischer Materialien bei niedrigen Temperaturen erheblich verbessern. Ein hoher thermoelektrischer Gütefaktor (Figure of merit) zT von 1,7 ± 0,2 bei 180 K und einem Magnetfeld von 0,7 T wurde in einem einkristallinen Bi88Sb12-topologischen Isolator erreicht. Diese neue Entdeckung eröffnet neue Perspektiven für die thermoelektrische Kühlung bei niedrigen Temperaturen unter 300 K und markiert einen entscheidenden Fortschritt in der magnetisch-Thermoelektrik, indem sie eine kostengünstige, energieeffiziente Alternative zu traditionellen Kühlmethoden bietet.

Yu Pan, Nature materials / MPI CPfS

In Einkristallen des toplogischen Isolators Bi88Sb12 wird ein hoher thermoelektrischer Gütefaktor (figure of merit) zT von 1,7 erreicht. Die Grafik zeigt die Temperaturabhängigkeit von zT in Magnetfeldstärken von Null und 0,7 Tesla.

Die thermoelektrische Technologie ist aufgrund ihrer langen Lebensdauer, der Abwesenheit eines Kompressors und der geringen Geräuschentwicklung vorteilhaft für Anwendungen zur Kühlung bei niedrigen Temperaturen. Angewendet wird sie z.B. in der Raumfahrt, obwohl die Effizienz der thermoelektrischen Energieumwandlung, insbesondere bei niedrigen Temperaturen, gering bleibt. Der Grund liegt in der Temperaturabhängigkeit des thermoelektrischen Gütefaktors (figure of merit) zT.

In den letzten Jahren nahm Dank der weltweiten Forschungsaktivitäten bei der Entwicklung und Erforschung topologischer Materialien sowie die der dazugehörigen topologischen Theorie auch das Interesse an thermoelektrischen Materialien bei niedrigen Temperaturen zu. Verschiedene Ansätze und Ideen werden dabei verfolgt und einer der Ideen des internationalen Teams aus Forschenden des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe, der Chongqing-Universität und des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik erwies sich als äußerst erfolgreich. Sie konnten einen bemerkenswerten zT-Wert von nahezu 2 bei 180 K unter dem Einfluss eines niedrigen Magnetfelds von nur 0,7 T im einkristallinen topologischen Isolator Bi88Sb12 erzielen. Dieser Wert ist umso bemerkenswerter, da er fast dreimal höher ist als der Wert im Magnetfeld Null. Darüber hinaus übertrifft dieser hohe magnetische zT-Wert alle bekannten thermoelektrischen Materialien für niedrige Temperaturen.

Um diese hohe magnetisch-thermoelektrische Leistung zu realisieren, besteht der entscheidende Schritt darin, hochwertige Bi1–xSbx-Einkristalle zu züchten. Dies stellt eine große Herausforderung dar aufgrund der vollständigen Mischbarkeit von Bi und Sb, jedoch gleichzeitiger starker Phasensegregationskoeffizienten, d.h. die Tendenz zur Entmischung und Bildung von Bereichen unterschiedlicher Zusammensetzung ist groß. Daher wurde  die „floating zone“ Methode unter Verwendung hauseigener Geräte angewendet, mit denen  hochwertige Einkristalle mit einer niedrigen Ladungsträgerdichte von etwa 1017 cm-3 und einer hohen Mobilität von über 4 × 105 cm²V-1s-1 bei 80 K erzeugt wurden. Ein hohe Mobilität ist zusammen mit der einzigartigen Banddispersion von Bi1–xSbx wichtig für den außergewöhnlich hohen Wert der „Figure of Merit“ zT bzw. für die außergewöhnliche magnetisch-thermoelektrische Leistung von Bi1–xSbx.

Theoretische Modellierungen zeigen, dass das Dirac-Band mit linearer Banddispersion eine wesentliche Rolle für einen großen magnetischen Seebeck-Effekt spielt, der durch die Zeeman-Aufspaltung aufgrund des großen Landé-g-Faktors weiter verstärkt wird. Da viele topologische Materialien ähnliche Eigenschaften wie eine lineare Dirac-Banddispersion und eine sehr kleine effektive Masse (sowie einen großen g-Faktor) aufweisen, wird erwartet, dass auch in anderen neuartigen topologischen Materialien eine hohe magnetisch-thermoelektrische Leistung vorhanden sein kann. „Wir glauben, dass ein tieferes Verständnis der magneto-thermoelektrischen Eigenschaften von Bi1–xSbx die Entwicklung topologischer Thermoelektrika für Niedertemperatur-Kühlanwendungen erleichtern wird.“ So die Aussage der beiden Hauptautorinnen Yu Pan und Claudia Felser.

Die Ergebnisse der Untersuchung belegen die Idee, kleine Magnetfelder zu nutzen, um die thermoelektrische Leistung erheblich zu steigern. Besonders bemerkenswert ist die Fähigkeit, hohe zT-Werte mit relativ niedrigen Magnetfeldern zu erreichen, die durch Permanentmagnete realisierbar sind. Dies eröffnet neue Perspektiven für kostengünstige und effiziente thermoelektrische Kühlgeräte. Die Ergebnisse öffnen zudem ein weites Feld zur Erforschung anderer topologischer Materialien mit ähnlichen Eigenschaften und zeigen auch schon Möglichkeiten auf, wie die Grenzen bei diesen Substanzen zu noch höheren Werten von zT verschoben werden können.

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