Matthias Beller - erster Preisträger des neu geschaffenen European Sustainable Chemistry Award
Beller, im nordhessischen Gudensberg geboren, studierte Chemie an der Universität Göttingen. Nach weniger als sieben Jahren schloss er 1989 das Studium mit der Promotion ab. Nach einem Postdoktorandenaufenthalt am Massachussetts Institute of Technology in Cambridge/USA wurde er zunächst Laborleiter, später dann Gruppen- und Projektleiter „Metallorganische Chemie - Katalyse“ im Hauptlabor der Hoechst AG in Frankfurt. 1996 ernannte ihn die Technische Universität München zum C3-Professor, 1998 erfolgte die Ernennung zum Direktor des Instituts für Organische Katalyseforschung e.V. (IfOK), verbunden mit einer C4-Professur „Katalyse“ an der Universität Rostock. Seit 2005 ist er geschäftsführender Direktor am LIKAT, das aus dem IfOK nach dessen Restrukturierung erweitert hervorging. Das LIKAT ist das größte staatliche Forschungsinstitut für angewandte Katalyse in Europa. Es ist fokussiert auf den Transfer von Grundlagenforschung zu praktischen Anwendungen. Allein in den letzten zehn Jahren haben Beller und sein Team drei Katalysatorsysteme entwickelt, die mittlerweile in der Industrie zur Herstellung von Chemikalien im Tonnenmaßstab dienen. Unternehmen der Feinchemie und Katalysatorproduzenten vertreiben Katalysatoren, die am LIKAT entwickelt wurden.
Auch grundlegend neue katalytische Methoden hat Beller erforscht, die von einigen Arbeitsgruppen weltweit übernommen wurden. Und auch hier steht die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Denn, so formuliert es Beller: „Katalyse, das ist die Wissenschaft, die zu klären versucht, wie chemische Reaktionen beschleunigt und kontrolliert werden können, und es ist eine der Schlüsseltechnologien zur Schaffung einer nachhaltigen Chemie.“ Inhaltliche Schwerpunkte Bellers Forschung sind die Palladium-katalysierte Kupplungsreaktionen von Arylhalogeniden, die enantioselektive Oxidationskatalyse, Katalyseanwendungen im Wirkstoffbereich sowie katalytische Carbonylierungen.
Metallkomplexkatalysierte Oxidationsreaktionen sind mengenmäßig die bedeutendsten homogenkatalytischen Reaktionen in der chemischen Industrie. Die Arbeiten am LIKAT konzentrieren sich daher auf katalytische Oxidationsreaktionen mit Sauerstoff oder Wasserstoffperoxid als Oxidationsmittel. Bei der Entwicklung von katalytischen Reaktionen zur Synthese neuer Wirkstoffe werden von Bellers Forschungsgruppe besonders die regioselektive Addition von Aminen an Doppelbindungen und Carbonylierungsreaktionen intensiver beforscht. In Kooperation mit Pharmafirmen werden hier neue Analgetika, Anti-Alzheimer-Wirkstoffe und Kinaseinhibitoren gezielt erforscht.
Carbonylierungsreaktionen, die in Kooperation mit Industrieunternehmen bearbeitet werden, sind u.a. Hydroformylierungen von großtechnisch hergestellten Olefinmischungen. Konzeptionell konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, technische Olefinmischungen selektiv zu einem Zielprodukt umzusetzen. Diese Arbeiten wurden im renommierten Wissenschaftsjournal Science publiziert und dort auch „gehighlighted“.
Beller hat bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten. In diesem Jahr wird er zudem noch mit der Karl Ziegler-Giulio Natta-Vorlesung ausgezeichnet, die er im November in Italien halten wird. Er ist in zahlreichen wissenschaftlichen Organisationen, Beratergremien und Herausgebergremien wissenschaftlicher Zeitschriften ehrenamtlich aktiv und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und der Deutschen Akademie der Naturwissenschaften Leopoldina. Er kann über 420 Publikationen und über 90 Patentanmeldungen vorweisen.
Um die Nachhaltige Chemie stärker zu profilieren und auf diesem Gebiet Innovationen anzuregen und den Wettbewerb zu beleben, hat die European Association of Chemical and Molecular Sciences (EuCheMS) den European Sustainable Chemistry Award aus der Taufe gehoben. Die erstmalige Verleihung wurde dank Förderung durch die European Environment Agency, durch SusChem (European Platform for Sustainable Chemistry), durch CEFIC, dem europäischen Verband der Chemischen Industrie, und durch Unternehmen der chemischen Industrie möglich. Schirmherren sind die Chemie-Nobelpreisträger Professor Dr. Gerhard Ertl und Professor Dr. Jean-Marie Lehn.