Farben in bunter Vielfalt - Historische Farbstoff-Sammlung in Dresden

19.07.2002

Dresden (dpa) - Crystal Pink, Beige Shimmer, Rose Dream - moderne Farbkreationen für Lippenstifte sind heute keine Seltenheit. Je ausgefallener, desto Gewinn bringender. Das war schon vor 150 Jahren so. Damals wurden in England bis dahin natürliche Farbstoffe erstmals synthetisch hergestellt. Ein Bruchstück dieser ersten Farbproduktion, das organische Mauvein, ist noch heute in der Farbstoffsammlung der Technischen Universität Dresden (TU) zu bestaunen. Diese Rarität zählt zwar zu den Besonderheiten, ist aber nicht der einzige Schatz, der in den meterhohen, lichtdichten Schränken der Sammlung schlummert.

Etwa 8000 synthetische Farbstoffe und rund 400 natürliche Farbbestandteile lagern im zweiten Stock des König-Baus des Instituts Organische Chemie der TU. Der 24-jährige Chemiestudent Micha Krahl betreut die Sammlung. «Soweit ich weiß, ist es die größte und älteste Farbstoffsammlung der Welt», sagt er. Sie wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Wilhelm Stein (1812-1889) angelegt.

Die 115 Quadratmeter werden bereits seit 1926 für diese Zwecke genutzt. Flechten, Wurzeln, Kleinsttiere, Erd- und Mineralfarben, Proben von gefärbten Geweben und Garnen werden in Dosen, Glasflaschen und Schubkästen aufbewahrt. Diese schützen die reinen und konservierten Farbproben auch vor Staub, Nässe und Licht.

30 Schränke sind mit knapp 9000 Fläschchen gefüllt, sie enthalten auch Naturstoffe wie Waid, Indigo, Farbhölzer, Orlean, Purpur und Kino. Letztgenannter Farbstoff wird aus dem roten Saft von Laubbaumrinden aus Indien, Afrika und Brasilien gewonnen. Auf Stoffen erzeugt er eine unterschiedliche Farbwirkung, je nach Art der Vorbehandlung. Die beiliegenden Erklärungen im Innenschrank zeigen die Zusammenhänge. Wurden die Wollfäden vorher beispielsweise in dem Schwefelsäuresalz Alaun gebeizt, entsteht Orange.

Jedes Gefäß trägt eine Nummer, die dem internationalen «Colour Index» entstammt. In diesem fünfbändigen englischen Spezial-Lexikon sind tausende Farbenstoffe gemäß ihrer chemischen Struktur systematisiert und nummeriert. Die Fülle moderner Weiter- und Neuentwicklungen bei Farbstoffen ist begrenzt. «Denn bei den Farben, die heute hergestellt werden, werden lediglich die Eigenschaften verändert. Die chemische Zusammensetzung bleibt im Groben dieselbe», erklärt der angehende Akademiker.

Tausende Farben, unzählige Gerüche und jeweils eine passende Geschichte - es ist eine Zeitreise in die Welt der Farbstoffe. Die Sammlung ist nach einer vorherigen Anmeldung für jedermann zugänglich. Nach jeder Führung wird auch Schrank II wieder geschlossen. Hinter den Türen verschwindet der Naturfarbstoff Carminrot. Dieser wurde aus Cochenille-Läusen gewonnen und diente bis in die jüngste Zeit zur Lippenstiftherstellung.

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