Ferromagnetismus plus Supraleitung
Forscher entdecken seltenes physikalisches Phänomen bei tiefen Temperaturen
Eigentlich scheint es unmöglich: Wie Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und der TU Dresden am Beispiel einer intermetallischen Verbindung aus Wismut und Nickel nachweisen konnten, verfügen bestimmte Materialien gleichzeitig über die beiden völlig gegensätzlichen Eigenschaften Supraleitung und Ferromagnetismus. Ein Phänomen, das bisher weltweit nur an sehr wenigen Stoffen gezeigt werden konnte und hochinteressante technische Möglichkeiten für die Zukunft bereithalten könnte.
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Raster-Elektronen-mikroskopische Aufnahme eines Bündels aus parallel angeordneten Bi3Ni-Fasern, welche bei tiefen Temperaturen zugleich ferromagnetisch und supraleitend werden. Schaut man in eine solche Faser hinein, so entdeckt man ein nur wenige Nanometer schmales Atomgerüst aus Wismut- (blau) und Nickelatomen (grün).
Fast pünktlich zum 100. Geburtstag der Entdeckung der konventionellen Supraleitung am 08. April 1911 durch den niederländischen Physiker Heike Kamerlingh Onnes veröffentlichten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf und der TU Dresden ihre Forschungsergebnisse im Fachmagazin „Physical Review B“. Das Team um Dr. Thomas Herrmannsdörfer vom Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden (HLD) des HZDR untersuchte ein aus den Elementen Wismut und Nickel bestehendes Material (Bi3Ni) – in der bisher einmaligen Größe von nur wenigen Nanometern im Durchmesser. Möglich wurde dies durch ein neues chemisches Syntheseverfahren bei niedrigen Temperaturen, das an der TU Dresden unter Leitung von Prof. Michael Ruck entwickelt wurde. Die nanoskalige Ausdehnung und die spezielle Form der intermetallischen Verbindung – nämlich winzige Fasern – sind dafür verantwortlich, dass sich die physikalischen Eigenschaften des unter Normalbedingungen nicht magnetischen Stoffes stark verändern. Das ist ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die ausgezeichneten Chancen, die moderne Nanotechnologie heute eröffnet, betont Thomas Herrmannsdörfer, Physiker am HLD. „Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr die Eigenschaften einer Substanz variieren können, wenn man es schafft, ihre Größe in den Nanobereich zu minimieren“.
Es gibt zahlreiche Materialien, die bei sehr niedrigen Temperaturen supraleitend werden. Allerdings steht diese Eigenschaft in Konkurrenz zum Ferromagnetismus, der Supraleitung in aller Regel unterdrückt. Nicht so bei der untersuchten Verbindung: Hier stellten die Dresdner Forscher mit Hilfe von Experimenten in hohen Magnetfeldern und unter sehr niedrigen Temperaturen fest, dass das nanostrukturierte Material völlig andere Eigenschaften aufweist, als größer dimensionierte Proben desselben Stoffes. Das überraschendste daran: Die Verbindung ist ferromagnetisch und supraleitend zugleich. Es ist damit einer von wenigen bislang bekannten Stoffen, der diese ungewöhnliche und physikalisch noch nicht vollständig erklärbare Kombination aufweist. Möglicherweise liegt im Wismut-3-Nickel eine besondere Form der Supraleitung vor, sagt Herrmannsdörfer. Der gerade mal 25-jährige Physiker und Doktorand Richard Skrotzki ist maßgeblich an den Forschungsergebnissen beteiligt und beschreibt das Phänomen als „die Bündelung von gegensätzlichen Eigenschaften in einem einzigen Strang“.
Die TU Dresden und das HZDR sind Partner in der ForschungsallianzDRESDEN-concept, die das Ziel hat, die Exzellenz der Dresdner Forschung sichtbar zu machen.
Originalveröffentlichung
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T. Herrmannsdörfer, R. Skrotzki, J. Wosnitza, D. Köhler, R. Boldt, and M. Ruck; "Structure-induced coexistence of ferromagnetic and superconducting states of single-phase Bi3Ni seen via magnetization and resistance measurements"; Phys. Rev. B 83, 140501(R) (2011)
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