Durchfluss für Spin-Strom
Stanislav Chadov berechnet ideale Materialkombinationen für einen möglichst verlustfreien Spin-Stromfluss
Am Anfang einer Entdeckung oder der Verbesserung von neuen Werkstoffen steht oft der Versuch und das Experiment im Labor. Einen anderen Weg schlägt der Arbeitskreis von Univ.-Prof. Dr. Claudia Felser an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ein. Mithilfe von Berechnungen werden die Eigenschaften von Materialien ermittelt und für das Design neuer Werkstoffe verwendet. Dr. Stanislav Chadov hat nun durch Computerberechnungen festgestellt, dass sich ein Spin-Strom durch die Verwendung bestimmter Materialien verlustärmer und damit viel effizienter herstellen ließe. Spin-Ströme werden in sogenannten Spintronics-Anwendungen genutzt, bei denen der Spin anstelle der Ladung von Elektronen für die Verarbeitung und den Transport von Informationen verwendet wird. Der Spin ist ein Eigendrehimpuls, ein kleiner Magnet, der in zwei verschiedene Richtungen ausgerichtet sein kann und so als Informationsträger dient. Auf der Basis von Spin-Effekten können höchst empfindliche magnetische Sensoren gebaut werden.
Vor Kurzem hat der Arbeitskreis Felser anhand von theoretischen Ermittlungen ein Design von Spintronik-Bauteilen vorgeschlagen. Dazu gehören Schalter, um einen elektrischen Strom mithilfe von kleinen magnetischen Feldern an- oder abzuschalten. Ob und wie das funktioniert, hängt direkt von der Spin-Polarisierung des Stroms ab, also davon, ob die Elektronen vorwiegend eine bestimmte Drehrichtung aufweisen. „Die ideale Situation wäre, dass alle Elektronen den gleichen Spin haben“, erklärt Chadov. In der Realität ist es aber so, dass verschiedene Faktoren die Effizienz der Spintronik-Bauteile schmälern, vor allem indem die einheitliche Spin-Polarisierung zerstört wird. Zu großen Verlusten bei der Spin-Polarisierung kommt es typischerweise an Schnittstellen zwischen halbmetallischen und halbleitenden Materialien. „Das liegt häufig an mechanischen und chemischen Unverträglichkeiten unter den verwendeten Materialien“, so Chadov. Mit seinen Computerberechnungen hat der Wissenschaftler gezeigt, dass sich dieses Problem lösen lässt, wenn man nur Heusler-Materialien für die Schalter verwendet. Heusler-Materialien werden am Arbeitskreis Felser in vielerlei Hinsicht erforscht, da sie mit ihren ungewöhnlichen Eigenschaften und einer großen Vielfalt als vielversprechende Kandidaten für neue Werkstoffe gesehen werden. Sie bestehen aus drei oder vier verschiedenen Ausgangselementen, die sich jeweils einzeln ganz anders verhalten als in einer Legierung zusammen.
Chadovs Untersuchungen ergaben, dass aus der Gruppe der Heusler-Materialien thermisch stabile halbmetallische Ferromagnete wie auch nichtmagnetische Halbleiter mit ganz ähnlicher Kristallstruktur zu finden sind. „Es ist ungewöhnlich, dass zwei Materialien mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften Kristallgitter haben, die aufeinander passen“, so der Wissenschaftler. Durch die passenden Kristallgitter kann der Spin-Strom fließen, ohne dass es zu einem Bruch kommt. Der Strom gelangt fließend von dem Ferromagneten zum Halbleiter.
Bei den Berechnungen kam unter anderem ein hochmodernes Computersystem zum Einsatz, das IBM im Rahmen der Verleihung des SUR Grant Wissenschaftspreises an Prof. Felser zur Verfügung gestellt hat.
Die Halbmetall/Halbleiter kobaltbasierte Heusler Kombinationen wurden patentiert: C. Felser, F. Casper, X. Dai, and G. Reiss, Patent DE102008046920.3.
Originalveröffentlichung
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