Chemie: Erschließung der Endmärkte
Deloitte-Studie zeigt Wachstumspotenziale für die chemische Industrie durch Vordringen in Endmärkte
„Nach Jahren der Kostenreduzierung werden neuerliche Anstrengungen der F&E- sowie Gemeinkostenoptimierung nicht mehr die notwendigen Erträge bringen, um die fortschreitende Margenerosion in der Chemieindustrie ausgleichen zu können. Vielmehr steht die Erhöhung dieser Ausgaben für Entwicklung und Vermarktung ausgewählter Lösungen zur Disposition, um stärker an der Wertschöpfung der eigenen Produkte partizipieren und von den Megatrends profitieren zu können“, erklärt Kai Göbel, Director Manufacturing bei Deloitte.
Dynamik der Märkte erkennen
In welche Lösungen ein Chemieunternehmen investiert, hängt unter Berücksichtigung der eigenen Ausgangssituation von der Attraktivität einzelner „Unmet Needs“ und der Endmärkte ab. Vor jeder Investitionsentscheidung steht daher die präzise Marktanalyse: Die Untersuchung von 16 Endmärkten und 55 Segmenten im Hinblick auf ihre finanzielle Performance in der letzten Dekade, ihr Verhalten in und nach der Krise und ihre erwartete Entwicklung auf regionaler Basis ergab, dass lediglich die Life-Science-orientierten Märkte wie Pharma, Personal Care, Nutrition und Agrarindustrie in der Krise eine stabile Nachfrage bewiesen haben. Alle anderen Endmärkte, mit Ausnahme von Papier, Textil, Automobil (Nordamerika) und Bau (Europa, Nordamerika), haben nach einer Leidenszeit in der Krise das Vorkrisenniveau erreicht. Getrieben durch den Boom in Asien wird für die Bauindustrie, den größten Markt für die Chemieindustrie, im globalen Vergleich bis 2014 das stärkste Wachstum erwartet.
„Unmet Needs” aus Megatrends identifizieren
Megatrends können zu radikalen Veränderungen in Endmärkten führen: Einige Megatrends beeinflussen dabei bestehende Märkte, während andere das Potenzial haben, komplett neue Marktsegmente zu schaffen. In der Bauindustrie beispielsweise führen in den westlichen Ländern die Megatrends Klimawandel, Ressourcenknappheit, Urbanisierung und demografischer Wandel zu verschärfter Regulierung und zu einem verstärkten „Grün-Bewusstsein“ im Konsumentenverhalten. Dabei entstehen „Unmet Needs“ wie biobasierte, biologisch abbaubare und energieeffiziente Baumaterialien, Solarziegel, nanoverstärkter Stahl bzw. Aluminium oder staubabweisende Schutzlacke, die Korrosion vermeiden und gleichzeitig als Designeffekt die Farbe verändern können.
Entscheidungsgrundlagen schaffen
Dezidierte Modelle strukturieren die Identifikation und Auswahl von „Unmet Needs“ und unterstützen bei der Identifikation von neuen Märkten. Die Verschiebung von Werten innerhalb der Wertschöpfungskette einer Industrie wird in diesen Modellen genauso berücksichtigt wie die Komplexität und das Risiko der Zusammenarbeit eines Chemieunternehmens mit entsprechenden Märkten. Die Modelle zeigen auch, welche Fertigkeiten notwendig sind und wie diese in Geschäftsmodellen orchestriert werden, um passende Lösungen für „Unmet Needs“ optimal im Markt zu positionieren.
Die vier wichtigsten Fertigkeiten für die Ausgestaltung der Geschäftsmodelle sind kollaborative Innovation, Industriemarketing, wertorientiertes Verkaufen und integrierte bzw. differenzierte Supply Chains. Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Treiber von vielen „Unmet Needs“ und gleichzeitig hat sich die Chemieindustrie den Ruf erarbeitet, nachhaltige Lösungen zu liefern. Um diese Position versilbern zu können, wird Nachhaltigkeit als wesentliche Komponente beim Design der Geschäftsmodelle ergänzt.
„Die chemische Industrie kann Lösungen für zahlreiche ‚Unmet Needs‘ liefern und sich dadurch zusätzliche Wachstumspotenziale erschließen. Entscheidend ist, dass die Chemieunternehmen ein gutes Verständnis für ihre Endmärkte aufbauen und die genannten Fertigkeiten zum Design der Geschäftsmodelle weiterentwickeln“, resümiert Kai Göbel.