Agrochemie: Stabile Märkte in einem schwierigen Umfeld

Mitgliedsfirmen des Industrieverbands Agrar blicken auf gutes Jahr zurück

15.05.2012 - Deutschland

Trotz einiger Wetterkapriolen und des bisweilen schwierigen Marktumfelds in der Landwirtschaft blicken die im Industrieverband Agrar e. V. (IVA) zusammengeschlossenen Unternehmen der deutschen agrochemischen Industrie zufrieden auf die vergangene Saison zurück. 

Der Nettoinlandsumsatz mit Pflanzenschutzmitteln 2011 stieg im Vergleich zum Vorjahr leicht um 2,9 Prozent auf ein Marktvolumen von 1,291 Milliarden Euro. Auch für die ersten drei Monate des Jahres 2012 meldeten die Mitgliedsunternehmen aus dem Pflanzenschutz-Bereich in Deutschland Umsatzsteigerungen von 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Ebenfalls deutliche Steigerungsraten verzeichnete in der Düngesaison 2010/11 der Absatz der wichtigsten Nährstoffe Stickstoff (1,79 Mio. Tonnen, +14 Prozent), Phosphat (286.348 Tonnen, +22 Prozent), Kali (433.742 Tonnen, +20 Prozent) und Kalk (2,28 Mio. Tonnen, +10 Prozent) in Deutschland. Rückläufig dagegen verlief bislang der Stickstoffabsatz in den ersten acht Monaten der Düngesaison 2011/12. 

„Durch die anhaltend hohe Nachfrage nach Agrarrohstoffen benötigen die deutschen Landwirte auch künftig Nährstoffe für ihre Böden sowie wirksame und umweltverträgliche Lösungen zum Schutz ihrer Kulturpflanzen. So positiv diese Aussichten für das gesamte Agribusiness auch sind, muss zugleich auch der Rahmen stimmen, damit Innovationen rasch beim Landwirt ankommen“, betonte IVA-Präsident Dr. Hans Theo Jachmann bei der Jahrespressekonferenz des Verbands in Berlin. 

Neues Gesetz muss sich in der Praxis bewähren

Mit Blick auf das seit Februar 2012 geltendeneue deutsche Pflanzenschutzgesetz sagte Jachmann: „Ziel der europäischen Rahmengesetzgebung war es stets auch, den europäischen Binnenmarkt und die Produktivität der Landwirtschaft zu stärken. Die Praxis der nächsten Monate muss zeigen, ob die Behörden in Deutschland effizient und zielorientiert Zulassungsanträge für Pflanzenschutzmittel bearbeiten und entscheiden, sodass Landwirte rasch die Produkte und Lösungen erhalten, die sie benötigen.“ 

Zwar schreibt eine europäische Verordnung vor, dass Behörden über die Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel binnen zwölf Monaten entschieden haben müssen; in Deutschland sind an dem Verfahren jedoch auch unter neuem Recht vier Bundesbehörden beteiligt, was großen Abstimmungsaufwand erfordert. 

Der Pflanzenschutzmarkt 2011 – Deutschland und weltweit

Von den 1,291 Milliarden Euro, die Pflanzenschutz-Hersteller unter den IVA-Mitgliedern im Vorjahr im Direktgeschäft mit dem Großhandel erlösten, entfielen 577 Millionen Euro (+6,9 Prozent) auf Herbizide (Unkrautbekämpfungsmittel), 497 Millionen Euro (-1,8 Prozent) auf Fungizide (Pilzbekämpfungsmittel), 142 Millionen Euro (+2,9 Prozent) auf Insektizide und 75 Millionen (+5,6 Prozent) auf sonstige Pflanzenschutzmittel. 

Bei den Pflanzenschutzmitteln, die zur Anwendung im Haus- und Kleingarten zugelassen sind, stiegen die Umsätze der Hersteller im Geschäft mit dem Handel auf 118,8 Millionen Euro (+19,1); überproportional wuchsen dabei vor allem die nicht-chemischen Produkte. Das weltweite Marktvolumen für Pflanzenschutzmittel stieg im Jahr 2011auf 45,2 Milliarden USD (+18,0 Prozent), was rund 34 Milliarden Euro entspricht. 

Der Düngemittelmarkt 2011/12

Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der weltweite Verbrauch an Stickstoff in der Düngesaison 2010/11 (Juli bis Juni) um 2,6 Prozent, während der Verbrauch an Phosphat und Kali sogar um knapp 9 Prozent bzw. knapp 18 Prozent zulegte. Für die nächsten beiden Jahre wird ein weiterer Verbrauchszuwachs prognostiziert, der je nach Nährstoff zwischen 2 Prozent und 4,7 Prozent pro Jahr liegt. Für Stickstoff bedeutet dies einen Verbrauchsanstieg von über zwei Millionen Tonnen N pro Jahr, was etwa vier neuen Düngemittelwerken entspricht. 

Im Unterschied zur globalen Entwicklung ist der Inlandsabsatz stickstoffhaltiger Düngemittelin der laufenden Düngesaison (Juli 2011 bis April 2012) im Vergleich zum Vorjahr um etwa 10 Prozent zurückgegangen. Entsprechend der Absatz- und Preisentwicklung haben sich dieUmsätze der IVA-Mitgliedsunternehmen im Bereich Pflanzenernährungim Jahr 2011 positiv entwickelt und um rund 29 Prozent gegenüber dem Jahr 2010 erhöht (Inlandsumsatz +34 Prozent, Exportumsatz +26 Prozent). 

Mineraldüngung immer wichtiger für Welternährung

Der Vorsitzende des IVA-Fachbereichs Pflanzenernährung, Prof. Dr. Hermann Kuhlmann, wies darauf hin, dass die Bedeutung mineralischer Dünger mit derwachsenden Nachfragenach Nahrungsmitteln weiter steigen wird.Prognosen der Welternährungsorganisation FAObesagen, dass weltweit nur noch rund 120 Millionen Hektar oder 7,5 Prozent des heute bewirtschafteten Ackerlands zusätzlich zur Verfügung stehen. 

Aber auch diese Flächen zu kultivieren würde nicht ausreichen, die zusätzliche Bevölkerung zu ernähren, so Kuhlmann. Dies gelinge nur, wenn die Produktion auf den bestehenden Flächen durch einen höheren Düngereinsatz gesteigert wird.

„Die Umwandlung von natürlichen Ökosystemen wie Wald, Grasland oder Moore in Ackerland muss vermieden werden, da diese zuunverantwortlich hoher Freisetzung von Treibhausgasenführt“, unterstrich Kuhlmann. Zusätzlich benötigte Nahrungsmittel müssten auf vorhandenen Ackerflächen produziert werden, die so produktiv wie möglich bewirtschaftet werden müssen, wozu ein entsprechender Düngemitteleinsatz die wesentliche Voraussetzung ist.

Studie beziffert Nutzen des Pflanzenschutzes

Mit Blick auf die gesellschaftliche Akzeptanz moderner Landwirtschaft betonte IVA-Präsident Jachmann, dass in der Diskussion um Pflanzenschutz die Risiken überbetont, der Nutzen hingegen leichtfertig übersehen werde. Er verwies dabei aufdie ersten Ergebnisse eines Forschungsvorhabens an der Humboldt-Universität zu Berlin, das der IVA seit 2011 fördert. Die Wissenschaftler haben u. a. berechnet, dass ein vollständiger Verzicht auf Fungizide im Kartoffelanbau hierzulande zu Ernteverlusten führen würde, die dem jährlichen Kartoffelverzehr von 60 Millionen Menschen entsprechen. Ohne Fungizide stiegen zudem die Emissionen je produzierter Tonne Weizen um etwa 13 Prozent, so die Berechnungen der Studie. „Wenn wir heute Programme zur Reduktion der Risiken des chemischen Pflanzenschutzeinsatzes diskutieren, müssen wir dabei auch berücksichtigen, welcher gesellschaftliche Nutzen verloren gehen kann, wenn der Einsatz von Pflanzenschutz pauschal eingeschränkt würde.“

Weitere News aus dem Ressort Wirtschaft & Finanzen

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Alle FT-IR-Spektrometer Hersteller