An dunstigen Tagen sind nicht nur wesentlich mehr Feinstaubteilchen in der Luft. Die chemische Zusammensetzung unterscheidet sich auch stark von klaren Tagen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) und der Universität Peking, die auf der gemeinsamen Jahrestagung der SETAC-GLB und der Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der GDCh in Leipzig vorgestellt wurde. Die Wissenschaftler/innen hatten für ihre Studie im Großraum Peking-Tianjin Tage mit guter und Tage mit schlechter Sicht verglichen. Dazu untersuchten sie Feinstaub bis zur Größe von einem Mikrometer. Diese Größenklasse ist besonders für die Brechung des Lichts verantwortlich da sie in die Wellenlänge des sichtbaren Lichts fällt. An klaren Tagen war der Anteil des schwarzen Kohlenstoffs wie Ruß, der mehr Licht absorbiert als streut, größer als an dunstigen Tagen. Herrschte dagegen Dunst vor, dann war der Anteil von Schwefelsäureverbindungen, die Licht stärker streuen, größer. Peking zählt zu den Megacities mit den größten Problemen bei der Luftqualität. Die Dunstglocke über Nordostchina ist selbst auf Satellitenaufnahmen regelmäßig zu beobachten.
Die Ballungsräume um die Hauptstadt Peking und die Hafenstadt Tianjin leiden häufig unter schwerer Luftverschmutzung und geringer Sichtweite. Ursache dafür sind Schadstoffemissionen, die unter bestimmten Bedingungen zur Bildung von Dunst führen - verursacht durch den starken Zuwachs in Wirtschaft und Bevölkerung der letzten Jahrzehnte. Diese Schadstoffemissionen können Folgen für die menschliche Gesundheit haben. Aerosolpartikel – umgangssprachlich oft als Feinstaub bezeichnet – haben auch Auswirkungen auf die Strahlungseigenschaften der Atmosphäre, da Partikel als Kondensationskeime dienen, die zur Bildung von Wolkentröpfchen notwendig sind. Sie können aber auch eingehende Solarstrahlung absorbieren oder streuen. Der Einfluss solcher Aerosoleffekte auf das regionale (und globale) Wettergeschehen hängt von den physiko-chemischen Eigenschaften des Aerosols ab. „Dabei spielt die chemische Zusammensetzung der Partikel eine entscheidende Rolle, denn sie bestimmt neben der Größe der Partikel die optischen und mikrophysikalischen Eigenschaften so zum Beispiel das Wachstum durch Wasseraufnahme und die Aktivierung zu Wolkentropfen“, erklärt Prof. Hartmut Herrmann vom TROPOS.
Deshalb untersuchten Wissenschaftler/Innen des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung zusammen mit der Universität Peking, welchen Einfluss die chemische Partikelzusammensetzung auf die Bildung von Dunst hat. Dazu wurden im Winter und Sommer 2009 jeweils einen Monat lang umfassende Messungen im Rahmen des Rahmen Projektes HaChi (Haze in China) durchgeführt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde.
Die Luftbelastung im Nordosten China hängt stark von der Jahreszeit ab. In den trockenen, kalten Wintern sammeln sich die Schadstoffe über den Megacities. An klaren Tagen maßen die Forscher eine mittlere PM1-Konzentration von 31 Mikrogramm pro Kubikmeter, an dunstigen Tagen mit 60 Mikrogramm pro Kubikmeter etwa das Doppelte. (Zum Vergleich: In der Europäischen Union gilt ein Grenzwert für PM10 von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel. PM1 ist jedoch nur ein Teil von PM10.) Im Sommer war die Belastung an Feinstaub der Größenklasse PM1 mit 18 an klaren und 45 Mikrogramm pro Kubikmeter an dunstigen Tagen geringer. Dann strömt feuchte Luft vom Meer im Süden Richtung Peking. „Für beide Messperioden haben wir an dunstigen Tagen signifikant größere Massenkonzentrationen an Sulfat und signifikant kleinere Fraktionen an Kohlenstoff beobachtet als an klaren Tagen. Das weist sowohl auf einen photochemischen als auch einen anthropogenen Einfluss während der Dunstbildung hin“, berichtet Bettina Nekat vom Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung. Kommt es jedoch zu einem der gefürchteten Sandstürme aus der Inneren Mongolei, dann erreichen die Aerosolkonzentrationen Rekordwerte und dieses Krustenmaterial macht bis zu einem Drittel der Gesamtmenge an PM1 aus.
Der Hauptteil der Partikel, die den Dunst über dem Großraum Peking ausmachen, könnte aber aus Biomasseverbrennung und aus photochemischen Prozessen in der Atmosphäre stammen. Um dies im Detail herauszufinden und um zu untersuchen, ob sich die Luftqualität seit dem Olympischen Spielen 2006 verbessert oder verschlechtert hat, wollen die Leipziger Forscher im Sommer 2013 erneut im Großraum Peking messen.
Wuqing bei Beijing/Peking an einem Tag im März. Häufig liegt der ganze Ballungsraum unter einer Dunstglocke.
Foto: Bettina Nekat/TROPOS