Nanoteilchen für Umwelt gefährlicher als bislang bekannt
Neue Studie: Erst bei Nachkommen von Wasserflöhen ist höhere Empfindlichkeit festzustellen, obwohl nur Elterntiere den Materialien ausgesetzt waren
Foto: André Dabrunz
Standard-Tests nicht geeignet
„Die Studie untermauert, dass Nanomaterialien aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften überraschende Wirkungen hervorrufen können“, erklärt Prof. Dr. Ralf Schulz vom Institut für Umweltwissenschaften Landau an der Universität Koblenz-Landau. „Daher reichen klassische Untersuchungen und Risikobewertungen nicht aus. Die Zulassungsbehörden müssen sich zügig für eine Weiterentwicklung und Einführung angepasster Tests einsetzen, um auch langfristige Risiken zuverlässiger bewerten zu können. Schließlich gelangen Nanopartikel dauerhaft in die Umwelt.“
Die Giftigkeit von Stoffen für die aquatische Umwelt wird meist anhand von Standard-Tests unter anderem an Wasserflöhen geprüft. Diese besitzen eine wichtige Bedeutung in der Nahrungskette von Seen und Teichen, sind einfach zu züchten und reagieren empfindlich auf Schadstoffe. Deren Auswirkungen lassen sich einfach und schnell über die Bewegungsfähigkeit der Wasserflöhe feststellen. Dazu gibt es von der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) genormte Handlungsanweisungen, um vergleichbare Werte zu ermitteln. Sie beschränken sich jedoch auf eine Generation und berücksichtigen nicht deren Nachkommen. „Einen Rückschluss zu Auswirkungen der entsprechenden Stoffe auf den Menschen lassen diese Tests jedoch nicht zu,“ ergänzt Dr. Mirco Bundschuh, ein weiterer Autor der Studie.
Zahlreiche Branchen wie Elektronik, Chemie, Medizin oder Kosmetik setzen Nanopartikel bereits in großem Maßstab ein. Zum Beispiel enthalten Sonnencremes, Deodorants, Zahnpasten oder Salatdressings zur Aufhellung Nanoteilchen aus Titandioxid. Mit Sonnenlicht kann die Substanz auch Abwasser und Luft reinigen sowie Strom oder Wasserstoff erzeugen. Die Eigenschaften hängen von Größe und Struktur der 1 bis 100 Nanometer kleinen Teilchen ab, die damit rund tausendmal dünner sind als ein Menschenhaar. Aufgrund der Wachstumsprognosen für Herstellung und Einsatz von Nanoteilchen ist damit zu rechnen, dass sie zunehmend in die Umwelt gelangen. Obwohl über ihre Wirkung auf Mensch und Umwelt wenig bekannt ist, müssen Produkte mit Nanopartikeln nicht gekennzeichnet werden.