Nanosilber aus Konsumprodukten landet kaum in Gewässern
Nanosilber ist das Paradepferd im Nanotechnologie-Stall – und zwar nicht als blosse Zukunftshoffnung, sondern bereits auf breiter Front in Konsumprodukten. Längst sind Hunderte von Produkten im Umlauf, die Silbernanopartikel enthalten. Zum Einsatz kommen die Partikel zum Beispiel in Kosmetika, Lebensmittelverpackungen und Desinfektions- und Reinigungsmitteln. Verbreitet sind auch antibakterielle Socken und Funktionskleidung, in deren Textilien Nanosilber eingearbeitet ist. Der weltweite Verbrauch von Nanosilber wird auf über 300 Tonnen pro Jahr geschätzt – ein beträchtlicher Teil davon gelangt über das Abwasser in den Wasserkreislauf. Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Chancen und Risiken der Nanomaterialien» (NFP 64) hat nun erstmals ein Team um Ralf Kägi von der Eawag in Dübendorf genauer untersucht (*), was mit dem Nanosilber auf dem Weg vom Siphon bis in die Kläranlage geschieht und in welcher Form es schliesslich in die Umwelt gelangt.
Abwasserproben und Laborexperimente
Dazu haben die Forscher einerseits Proben im Schweizer Abwassersystem genommen, um den Transport des Nanosilbers zu untersuchen. Andererseits haben sie in Laborexperimenten ermittelt, wie sich verschiedene Formen von Nanosilber im Kontakt mit Abwasser und in der Kläranlage verhalten. Dabei zeigte sich, dass das Nanosilber nicht lange in seiner metallischen Form bleibt, sondern sehr effizient in ein Silbersulfidsalz umgewandelt wird. «Wir gehen davon aus, dass die Sulfidation zu einem grossen Teil bereits im Abwasserkanal passiert», sagt Kägi. Das ist eine gute Nachricht, denn «diese Salzkristalle bereiten viel weniger Probleme, das Silber ist in dieser Form viel schlechter löslich.» Es sind vor allem gelöste Ionen, die Sorgen bezüglich der Schädlichkeit von Silber in der Umwelt bereiten und etwa die Bakterien im Klärschlamm von ihrer Arbeit abhalten.
Dass auch Nanosilber rasch in Silbersulfid umgewandelt wird, und zwar unabhängig davon, welche Beschichtungen die Partikel tragen, haben die Eawag-Forscher das erste Mal klar aufgezeigt – bisher war der Effekt nur von Abwässern der Fotoindustrie bekannt. Offenbar spielt die ursprüngliche Form des Silbers im Abwasser – ob als metallische Nanopartikel, gelöst als Silberionen oder als unlöslicher Silbersalzniederschlag – keine entscheidende Rolle bei der Sulfidation. Die Geschwindigkeit der Versalzung ist allerdings stark von der Grösse der Partikel abhängig, kleines Nanosilber (10 Nanometer) wird sehr rasch umgewandelt, grössere Partikel sulfidisieren womöglich nur unvollständig und können so noch länger Silberionen in die Umwelt abgeben.
Silber effizient aus dem Abwasser entfernen
Die Forscher konnten weiter zeigen, dass rund 95 Prozent der Nanopartikel im Klärschlamm gebunden werden. Bloss fünf Prozent des Silbers verbleibt im geklärten Wasser. Wenn man diesen Anteil noch weiter senken will, müsste man bessere Teilchenfilter einsetzen. Dabei braucht man nicht gleich in Nanogrössenordnungen vorzudringen: Das sulfidierte Nanosilber aggregiert fast vollständig an grössere Partikel im Abwasser; diese könnten ohne unverhältnismässigen Aufwand noch effizienter aus dem Abwasser entfernt werden.
Was mit dem Nanosilber im Klärschlamm weiter passiert, war nicht Teil der Studie. In der Schweiz ist die Ausbringung des Klärschlamms auf landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht erlaubt – der Schlamm wird deshalb grösstenteils verbrannt. Schwermetalle werden dabei abgeschieden und sollten nicht in grösseren Mengen in die Umwelt gelangen.
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