Datenhighways für Quanteninformation
TU Wien
Atome und Licht
„In unserem Experiment verbinden wir zwei unterschiedliche quantenphysikalische Systeme“, erklärt Prof. Arno Rauschenbeutel (Vienna Center for Quantum Science and Technology und Atominstitut der TU Wien). „Einerseits nutzen wir Licht in Glasfaserkabeln, über die man Quanteninformation hervorragend transportieren kann, und andererseits Atome, mit denen man die Information sehr gut speichern kann.“
Indem man die Atome etwa 200 Nanometer entfernt von einer Glasfaser festhält, die selbst nur 500 Nanometer dick ist, kann man eine sehr starke Wechselwirkung zwischen Licht und Atomen erreichen – so lässt sich Quanteninformation zwischen den beiden Systemen austauschen. Dieser Austausch ist die Grundlage für Technologien wie Quantenkryptographie und Quantenteleportation.
Derzeit gibt es unterschiedliche Ideen für Systeme, die sich für quantenmechanische Operationen und für Quanteninformationsaustausch zwischen Licht und materiellen Speichern nutzen lassen. Bei den meisten von ihnen ist es allerdings schwierig, Information effizient hineinzubringen und wieder herauszulesen. Bei der an der TU Wien entwickelten Technologie allerdings ist genau dieser Schritt sehr einfach: „Ein ganz normales Glasfaserkabel, wie man es schon heute zur Datenübertragung verwendet, wird in den Versuchsaufbau hinein und wieder herausgeführt“, sagt Arno Rauschenbeutel. „Unser Quanten-Glasfaserkabel lässt sich also direkt in schon bestehende Glasfasernetze einfügen.“
Stabiler Quantenspeicher
Dass sich Atome kontrolliert und effizient an die Glasfaser ankoppeln lassen, hat die Forschungsgruppe schon in der Vergangenheit gezeigt. Unbeantwortet war bisher allerdings noch die Frage, ob Quanteninformation in den Atomen auch tatsächlich lange genug gespeichert werden kann, um eine quantenphysikalische Übertragung über lange Strecken zu ermöglichen. Nach einer gewissen Zeit verlieren die Atome nämlich ihre eingeschriebene Information und geben sie an die Umgebung ab – man spricht von „Dekohärenz“.
„Durch einige spezielle Tricks ist es uns gelungen, die Kohärenzzeit der Atome trotz des kleinen Abstands zur Glasfaser auf mehrere Millisekunden zu verlängern“, sagt Rauschenbeutel. In einer Millisekunde bewegt sich Licht in Glasfasern etwa 200 Kilometer weit – in dieser Größenordnung liegt daher die maximale Distanz, die auf diese Weise durch Verschränkung von Atomen überbrückt werden könnte.
Ein realistisches Konzept für ein globales Quantennetzwerk
Auch heute hat man in ganz gewöhnlichen Glasfaserleitungen das Problem, dass die Reichweite des Lichts begrenzt ist: Je länger das Kabel, umso schwächer wird das Signal. Man baut daher Repeater-Stationen ein, die das Signal in bestimmten Abständen verstärken – dadurch wird Kommunikation über den gesamten Globus möglich.
Ein bloßes Verstärken des Signals reicht in der Quantenphysik zwar nicht aus, trotzdem lassen sich auf etwas kompliziertere Weise auch Quanten-Repeater bauen. Sie erlauben es, lange Quantenverbindungen aus mehreren Teilstrecken zusammenzufügen. „Wenn man mit unseren Glasfaser-Atom-Systemen ein optisches Quantennetzwerk mit Repeater-Stationen aufbaut, dann könnte man rund um die Welt Quanteninformation übertragen und Quantenzustände teleportieren“, ist Arno Rauschenbeutel zuversichtlich.