Westentaschenlabore - in Massen herstellen

17.10.2013 - Deutschland

Chips, auf denen sich ganze Labore finden, gibt es zahlreich. Die meisten von ihnen lassen sich bisher jedoch nicht in Massenfertigung produzieren. Forscher entwickeln nun eine Plattform zur Serienfertigung dieser Westentaschenlabore.

Wie ein chemisch-analytisches Labor aussieht, stellen sich wohl die meisten so vor: Ein großer Raum mit elektrischen Geräten, Abzügen und chemischen Substanzen, in dem Wissenschaftler mit weißen Kitteln damit beschäftigt sind, unterschiedlichsten Abläufen ihre Geheimnisse zu entlocken. Dass es jedoch auch ganz andere Labore gibt, zeigen Lab-on-a-Chip-Systeme: Nur wenige Zentimeter groß vereinen diese »Westentaschenlabore« alle notwendigen Funktionalitäten auf sich. Winzige Mengen an Flüssigkeiten lassen sich mit einem solchen Chip vollständig und automatisch analysieren. Zwar haben Experten aus aller Welt in den letzten Jahren viele leistungsfähige Lab-on-a-chip-Systeme entwickelt. Nur ganz wenige davon schaffen jedoch den Sprung auf den Markt.

Die Gründe für dieses Scheitern wollen Forscher aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen nun finden und ausmerzen – gemeinsam mit ihren Kollegen des Spin-Offs Polyscale GmbH & Co KG sowie zehn weiteren Industriepartnern aus Deutschland, Finnland, Spanien, Großbritannien, Frankreich und Italien. Das EU-Projekt mit dem Namen ML² wird bis zum Herbst 2016 mit 7,69 Millionen Euro gefördert. »Ein Hauptgrund für die fehlende Markteinführung liegt in den Fertigungstechniken, mit denen die Lab-on-a-chip-Systeme hergestellt werden«, sagt Christoph Baum, Gruppenleiter am IPT. »Sie lassen sich oft nicht in die industrielle Produktion überführen.« Zudem gestaltet es sich problematisch, elektrische Funktionen auf dem Westentaschenlabor zu integrieren: Hier gibt es zwar Ansätze – massentauglich sind sie jedoch noch nicht.

Plattform für die Serienfertigung

Im Projekt ML² wollen die Wissenschaftler daher den gesamten Herstellungsprozess der Westentaschenlabore fit machen für die Serienfertigung. »Ziel ist es, eine Plattform zu schaffen, mit der wir alle nötigen Komponenten herstellen können«, sagt Baum. Dazu gehören sowohl die winzigen Kanalstrukturen, in denen die Flüssigkeiten fließen und miteinander reagieren, als auch die Versiegelung der Oberflächen, damit bioaktive Substanzen anbinden können. Hinzu kommen optische Komponenten und die elektrischen Leiterbahnen, die beispielsweise die Kanäle beheizen. Diese einzelnen Komponenten bringen die Fachleute jeweils auf einzelne Folien auf, die sie anschließend zum gesamten »Labor« zusammensetzen. Ein Laser brennt senkrechte Kanäle durch die einzelnen Schichten und schafft somit Verbindungen zwischen ihnen.

Zunächst passen die Forscher die Herstellungsverfahren für die jeweiligen Schichten an die Anforderungen an, die eine Massenproduktion stellt. Statt die Kanalstrukturen wie meist üblich über Spritzguss oder nasschemische Verfahren herzustellen, haben sie daher Folienprägeprozesse gewählt. Dabei bringen sie die Negativstruktur der Kanäle auf eine Walze auf. Diese läuft über eine Endlosfolie und drückt die entsprechenden Vertiefungen hinein. Die elektrischen Leiterbahnen drucken die Wissenschaftler mit einem Tintenstrahldrucker auf eine Folie auf – mit Tinte, die Kupfer- oder Silbernanopartikel enthält.

Die einzelnen Herstellungsschritte optimieren die Forscher anhand bestimmter Demonstratoren – beispielsweise an einem Schwangerschaftstest mit digitaler Anzeige. Momentan werden diese Tests in Niedriglohnländern gefertigt. Künftig sollen sie sich – bedingt durch den höheren Automatisierungsgrad – um bis zu 50 Prozent günstiger fertigen lassen. Somit würde sich auch eine Fertigung in Deutschland wieder rentieren. 2014 sollen sämtliche Demonstratoren aufgebaut und die einzelnen Herstellungsverfahren optimiert sein. Dann geht es darum, die einzelnen Schritte miteinander zu koppeln, bestmöglich aufeinander abzustimmen und den Gesamtprozess in die Massenproduktion zu überführen.

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