Natürliche Uranverbindungen mobiler als bislang angenommen
Rainer Weisflog
„Obwohl Uran radioaktiv ist, ist es für Mensch und Umwelt nicht zwangsläufig gefährlich“, erläutert der Leiter der Abteilung Biogeochemie am HZDR, Dr. Gerhard Geipel. „Selbst in normalen Böden finden wir es häufig. Es kommt deswegen vielmehr darauf an, in welcher Menge und vor allem in welcher Form es auftritt. Hohe Konzentrationen lassen sich zum Beispiel in Feuchtgebieten feststellen, die es wie ein Guss auffangen.“ Da der radioaktive Stoff hier in den meisten Fällen aber als vierwertiges Uran(IV) vorkommt, das sich durch die Wechselwirkung mit Sauerstoff in das Mineral Uraninit verwandelt, galt dies bislang nicht unbedingt als Problem, da es in diesem Zustand als kaum löslich angesehen wurde und somit keine Gefahr für die biologischen Kreisläufe darstellte. Die Untersuchung eines sumpfigen Grasgebietes in der zentralfranzösischen Region Limousin, das durch Uranbergbau kontaminiert ist, könnte diese Annahme nun widerlegen.
Die Forscher um Dr. Yuheng Wang von der EPFL entnahmen an verschiedenen Stellen Wasserproben aus den Abflüssen des Feuchtgebietes. Die Analyse ergab, dass das Uran in den Strömen tatsächlich befördert wurde. Dies lieferte den Wissenschaftlern allerdings noch keine Anhaltspunkte, um welche Art des radioaktiven Elements es sich dabei handelte. Denn das sechswertige Uran(VI) – neben Uran(IV) die zweite Form, in der der radioaktive Stoff unter natürlichen Umständen vorkommt – ist gut löslich und kann dadurch leicht in die Biosphäre aufgenommen werden. „An dieser Stelle kommt das HZDR ins Spiel“, erzählt Geipel. „Die Uranmenge können wir relativ schnell und einfach mit analytischen Methoden feststellen. Schwieriger wird es, den Zustand des Elements zu bestimmen. Und genau darum ging es uns ja.“
Die chemischen Verbindungen, die das Uran eingeht, lassen sich mit der sogenannten Speziationsanalyse entschlüsseln. Über die höchste Kompetenz bei der Uranspektroskopie und die nötige Technik verfügen in Deutschland die Forscher des HZDR. Die Dresdner Wissenschaftler haben dafür eine Wasserprobe aus dem Feuchtgebiet eingefroren und mit Lasern bestrahlt. Denn der radioaktive Stoff lässt sich auf diese Weise zum Leuchten anregen. „Anhand der Spektren und Fluoreszenzlebensdauer, die sich für die beiden Formen des Urans unterscheiden, konnten wir feststellen, dass es sich bei den Vorkommen im Wasser um Uran(IV) handelt“, berichtet Geipel. „Daraus können wir schließen, dass dieser Zustand des radioaktiven Stoffes nicht so immobil ist, wie wir bislang angenommen haben.“
Wie die Untersuchung herausgestellt hat, verändert sich das Uran(IV) nicht zwangsläufig zu Uraninit, sondern kann sich an ein feines Partikelgemisch aus Eisen, Aluminium, Phosphor und Silicium binden. Auf diese Weise formen sich Teilchen, die das Uran in die Wasserströme tragen. „Diese Ergebnisse müssen wir nun natürlich beachten, wenn wir beispielsweise bei Sanierungsmaßnahmen im Uranbergbau Grasflächen einsetzen wollen“, erläutert Geipel die Konsequenzen aus der Untersuchung. „Auch in seinem festen Zustand ist Uran nicht immer immobilisiert, könnte deshalb in die Biosphäre gelangen und somit weitere Gebiete kontaminieren.“
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