Keine Atome verschwenden!
Vom zufälligen Ergebnis zum rationalen Design
In der organischen Chemie gibt es nach wie vor Überraschungen, z.B. wenn neue Eigenschaften bei Stoffen und Reaktionen entdeckt werden. Beispielsweise eine neue Reaktivität, also die Fähigkeit eines Stoffes, eine chemische Reaktion einzugehen, liefert ein tieferes Verständnis der an der Reaktion beteiligten Faktoren. ChemikerInnen können im Idealfall darauf aufbauend neue Transformationen entwickeln.
"Unser ursprüngliches, zufälliges Ergebnis war eine ungewöhnliche Transformation von Amiden, das sind chemische Verbindungen, die sich formal von Ammoniak und Carbonsäuren ableiten: Durch Zugabe von einem Aktivator entstand zunächst ein reaktives Intermediat – also ein Zwischenprodukt, das in der Folge eine 'Gerüstumlagerung' einging. Hierbei wurden in einigen Bereichen des Moleküls die Atome neu angeordnet und es entstand ein völlig anderer Verbindungstyp. Diese Kenntnisse nutzten wir auch bei der vorliegenden Säure-katalysierten Redox-Arylierung. Es gelang uns auch schon, auf Basis der aktuellen Forschungsergebnisse weitere nützliche Transformationen zu entwerfen", so Nuno Maulide, seit Oktober 2013 Professor für Organische Synthese an der Universität Wien. Maulide publizierte zu diesem Thema bereits 2010 im Fachmagazin "Angewandte Chemie".
Neu: Nur ein Katalysator anstelle mehrerer Reagenzien
In den meisten organischen Reaktionen findet eine Änderung in der Oxidationsstufe statt. Oxidationen erhöhen die Oxidationsstufe, während Reduktionen sie verringern. Beide Reaktionen benötigen ein externes Reagenz, also ein Oxydations- oder Reduktionsmittel. Diese produzieren aufgrund ihrer Verwendung während der Reaktion Abfallprodukte. In der neuen Klasse der "Redox-neutralen" Reaktionen verlaufen beide Schritte – sowohl Oxidation als auch Reduktion – gleichzeitig ab. Das macht den Zusatz von weiteren Reagenzien überflüssig. "Die von uns beschriebene Arylierung benötigt nur einen Katalysator und keine weiteren Reagenzien", erklärt Langui Xie, Mitautor der Studie und Post-doc in der internationalen Maulide-Gruppe an der Universität Wien.
Nachhaltigkeit: Es werden keine Atome verschwendet
Die neue Vorgehensweise bei arylierten Carbonylverbindungen ist in der wissenschaftlichen Community auf großes Interesse gestoßen – nicht zuletzt deshalb, weil α-arylierte Carbonyle interessante biologische und pharmakologische Eigenschaften besitzen. Bisher wurde in diesem Bereich mit Übergangsmetall-katalysierten Reaktionen gearbeitet, d.h. es wurden Übergangsmetall-Reagenzien verwendet – mit unvermeidlichen Nachteilen: Verunreinigung des Produkts, hohe Kosten für den Katalysator und großer Aufwand für spezielle Reaktionsbedingungen. "Unsere neu entwickelte Transformation benötigt keinen Metallkatalysator und beruht auf einer sogenannten 'Atome sparenden' Methode, denn, um das Produkt herzustellen, werden alle Atome der Ausgangsmaterialien verwendet. Die Gesamtzahl der Atome bleibt erhalten, es werden also keine Atome mehr verschwendet", so Chemiker Nuno Maulide abschließend.
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