Moleküldrähte lassen Elektronen flitzen
Chemiker arbeiten an besseren Solarzellen und schnelleren Mini-Computern
FAU
Kaum haben wir uns daran gewöhnt, dass selbst leistungsfähige Computerchips mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen sind, dringen Wissenschaftler in noch kleinere Dimensionen vor: die Nanoelektronik. Ziel der aktuellen Forschungen ist es, einzelne Moleküle als elektronische Bauteile zu verwenden, um Daten logisch zu verknüpfen, zu speichern und zu verarbeiten. Damit solche Bauteile miteinander interagieren können, müssen sie auf der Nanoebene verknüpft werden – durch sogenannte molekulare Drähte.
„Wir sind dabei, ein grundlegendes Verständnis für den Transport von Elektronen durch molekulare Drähte zu gewinnen“, sagt Prof. Dr. Dirk M. Guldi vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie I der FAU. „Elektrischen Strom durch nanoskalige Drähte zu leiten, hat sich als probates Hilfsmittel erwiesen, das Transportverhalten unterschiedlicher Drahtlängen zu charakterisieren.“
Welche Struktur ist die beste?
Bei der konventionellen Methode werden die beiden Enden des nanoskaligen Drahtes durch zwei Elektroden kontaktiert und dadurch die Leitfähigkeit bestimmt. Die Arbeitsgruppe um Dirk Guldi verfolgt einen anderen Ansatz: den der kovalenten Bindung. Hierbei übernehmen kohlenstoffbasierte Moleküle die Funktion des Elektronendonors an einem Ende und des Elektronenakzeptors am anderen Ende des molekularen Drahtes. Regt man den Donor zum Beispiel durch Licht elektronisch an, so gibt er ein Elektron ab, das durch den Nanodraht zum Akzeptor transportiert wird. Mit Hilfe der Ultrakurzzeit-Spektroskopie, deren zeitliche Auflösung im Bereich von wenigen Femtosekunden liegt, wird die Dauer des Elektronentransfers über verschiedene Drahtlängen gemessen. „Durch diese Messungen gewinnen wir Aufschluss darüber, welche Molekülstrukturen sich für den Ladungstransfer besonders eignen“, erklärt Christina Schubert aus der Arbeitsgruppe Guldi.
Ein zentrales Hindernis beim Transfer von Elektronen sind molekulare Bewegungen im Nanodraht, etwa die Verdrillung um Einfachbindungen. Um den Elektronentransfer aber auch über vergleichsweise lange Distanzen bis zu 36,4 Å zu ermöglichen, werden Drähte benötigt, die sowohl starr als auch eben sind. Hier arbeiten die Erlanger Chemiker eng mit Forschungspartnern der Universität Tokio zusammen. Die japanische Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Eiichi Nakamura hat sich auf die Entwicklung neuer Synthesereaktionen spezialisiert und versorgt die Erlanger Wissenschaftler mit starren Kohlenstoffdrähten, an denen der Elektronentransport im Nanobereich untersucht werden kann.
Deutlich stärkere Effekte als erwartet
Bei ihren Experimenten mit den starren Kohlenstoffbrücken konnten die Erlanger Forscher nun erstmals feststellen, dass die elektronische Kommunikation zwischen dem Elektronendonor und dem Elektronenakzeptor viel stärker ist als bei vergleichbaren, nicht starren Kohlenstoffdrähten – und zwar um das Drei- bis Vierfache.
Zusätzlich hat sich gezeigt, dass die „Elektron-Vibrations-Kopplung“, die das inelastische Tunneln von Elektronen ermöglicht, einen erheblichen Einfluss auf den Ladungstransfer hat. Das inelastische Tunneln bahnt einen neuen Weg für das Elektron, was zu einer viel schnelleren Ladungsrekombination führt. Die Chemiker um Dirk Guldi haben nun herausgefunden, dass die Elektron-Vibrations-Kopplung in starren Kohlenstoffbrücken etwa doppelt so stark ist wie in flexiblen Drähten. Christina Schubert: „Das inelastische Tunneln von Elektronen konnten wir erstmals auch bei Raumtemperatur nachweisen. Jetzt arbeiten wir daran, maßgeschneiderte Nanodrähte mit neuen Funktionsweisen in molekularen Bauteilen zu konstruieren.“
Solarzellen der Zukunft: Günstig, umweltfreundlich und flexibel
Das visionäre Ziel der Forschergruppen ist es, integrierte Bauteile und elektronische Schaltkreise auf molekularer Ebene für die Datenverarbeitung zu entwickeln sowie Sonnenenergie um ein vielfaches effizienter zu nutzen als heute. Im Zentrum der Untersuchungen stehen Kohlenstoff-Nanostrukturen – Fullerene, Kohlenstoffröhrchen und Graphen – die in Lösung, in transparenten Filmen und auf Elektrodenoberflächen untersucht werden. Forscher des Departments Chemie der FAU beginnen bereits damit, solche Kohlenstoffkomponenten in Solarzellen zu integrieren, um deren Effizienz zu steigern. „Organische Solarzellen könnten künftig die derzeit verwendeten Siliziumsolarzellen ersetzen“, sagt Dirk Guldi. „Sie sind sehr viel preisgünstiger herzustellen, die eingesetzten Materialien sind umweltfreundlich und die Module selbst müssen nicht starr sein, sondern können als semitransparente flexible Folie auf Hausdächern, Fassaden und sogar Fenstern angebracht werden.“
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