Eine Nanolampe mit blitzschnellem Schalter
Eine Lichtquelle und ihre transistorgesteuerte Helligkeitsregelung schrumpfen auf die Größe eines einzelnen Moleküls
© MPI für Mikrostrukturphysik
Organische Farbstoffe bringen heute nicht mehr nur Farbe auf Tapeten, in Zeitschriften oder auf Kleider, wenn sie mit Licht angestrahlt werden. Inzwischen leuchten sie selbst in elektrischen Lichtquellen, nämlich in den organischen Leuchtdioden (OLEDs) etwa für die Bildschirme von Smartphones. Die Displays enthalten neben den eigentlichen Lichtquellen (Pixeln) zusätzlich aber immer noch Transistoren, mit denen sich deren Helligkeit regeln lässt. Beide Funktionen vereint ein Team des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung, des Max-Planck-EPFL Centers und des Karlsruhe Instituts für Technologie nun in einem einzigen Molekül.
Die Forscher um Klaus Kern, Direktor am Stuttgarter Max-Planck-Institut, konstruieren ihre Nanolampe mit integrierter Transistorsteuerung, indem sie ein Farbstoffmolekül auf einer Schicht aus Buckminster-Fullerenen – dabei handelt es sich um kugelige Kohlenstoff-Moleküle – platzieren. Die Schicht der Kohlenstoffkugeln überzieht einen Metallträger, in diesem Fall aus Gold, der als Elektrode dient. „Als zweite Elektrode über dem Farbstoff-Molekül verwenden wir die Spitze eines Rastertunnelmikroskops“, sagt Klaus Kuhnke. „Dafür eignet sich aber auch eine zweite dünne Metallschicht. „Allerdings konnten die Forscher die erstaunlichen Eigenschaften des einzelnen Moleküls nur entdecken, weil sie für ihre Studie eine bewegliche Spitze benutzten. Mit der Spitze rasterten sie nämlich die Oberfläche ab und maßen gleichzeitig das abgestrahlte Licht. „Dabei beobachteten wir, dass auf den Farbstoff-Molekülen Licht erzeugt wird“, so Kuhnke.
Die Spannung erzeugt zunächst Lichtwellen, die an der Metalloberfläche gefangen sind
Über eine elektrische Spannung zwischen dem Goldträger und der Spitze des Rastertunnelmikroskops (STM) sowie den Abstand zwischen den beiden elektrischen Kontakten, kontrollieren die Forscher nun das elektrische Feld an dem Molekül. Überschreitet diese 2,5 Volt pro Nanometer, wird die Lampe eingeschaltet. Das Molekül knipst das Licht aber nicht einfach nur an und aus. Vielmehr lässt sich die Lichtintensität mit seiner Hilfe über den sehr schmalen Bereich von einigen Millivolt kontinuierlich heller und dunkler regeln. Es funktioniert in diesem Bereich also ähnlich wie ein lichtemittierender Transistor.
Die elektrische Energie wird bei dem Schaltvorgang nicht direkt in Lichtenergie umgewandelt, sondern vermittelt durch sogenannte Plasmonen. Diese kann man sich als Lichtwellen vorstellen, die an der Metalloberfläche gefangenen sind und beispielsweise von einer Unebenheit auf der Oberfläche abgestrahlt werden können. Mit ihrer Hilfe könnte sich Information in Form von Licht auf engerem Raum übertragen oder verarbeiten lassen als mit Licht alleine. Denn Plasmonen können über Metallbahnen laufen, die schmaler als 100 Nanometer sind, während etwa Glasfasern mindestens halb so breit sein müssen wie die Wellenlänge des Lichts, das sie leiten.
Der Schaltvorgang dauert weniger als eine Milliardstel Sekunde
Das organische Molekül spielt bei der Erzeugung der gefangenen und abgestrahlten Lichtwellen auf der Metalloberfläche eine entscheidende Rolle: Eine minimale Änderung des elektrischen Feldes am Ort des Moleküls entscheidet darüber, ob das Licht erzeugt wird oder nicht. Das macht die Nanolampe interessant für die digitale Informationsübertragung mit Licht, bei ‚Licht an‘ für die Eins eines Datenbits und ‚Licht aus‘ für die Null steht. „Eine kleine Modulation des elektrischen Feldes an dem Molekül erzeugt eine Zeichenfolge, die als Licht abgestrahlt wird und eine Nachricht übermitteln kann“, sagt Klaus Kuhnke. Und weil die Lichtquelle oberhalb des Schwellenwertes bereits bei einer winzigen Spannungsänderung aufleuchtet, geht der Schaltvorgang auch sehr schnell vonstatten: Er dauert weniger als eine Milliardstel Sekunde, erlaubt also möglicherweise einmal eine Datenübertragung mit Bitraten im Gigahertz-Bereich.
Dass die Intensität des Lichts von nur einem einzigen Molekül gesteuert wird, ist dabei für die Schnelligkeit des Lichtschalters entscheidend. Mechanische Lichtschalter werden über Hebel betätigt und je wuchtiger dieser Hebel wird, umso aufwändiger ist es, den Schalter von einer Schaltposition in eine andere zu bewegen. In der Elektronik werden diese schwerfälligen Hebel durch unvermeidbare Kondensatoren, also Ladungsspeicher, gebildet, die einen Teil des Stroms verschlucken ohne damit Licht zu erzeugen. Je größer nun das Element wird, welches das Licht schalten soll, umso mehr Energie und Zeit ist erforderlich, um die „parasitären“ Kondensatoren aufzuladen. Hier hilft die Winzigkeit des Moleküls: Es kostet fast keine Energie mehr, die Umgebung eines einzelnen Moleküls von der Größe eines millionstel Millimeters um eine kleine Spannung von wenigen Millivolt aufzuladen – entsprechend schnell läuft der Schaltprozess ab. „Solch eine molekulare Lichtquelle verspricht damit, eines Tages einmal ein neues, effizientes Bauelement für die Informationsübertragung zu werden – zumal das erzeugte Licht zwar noch schwach, aber mit dem bloßen Auge bereits deutlich sichtbar ist“, sagt Klaus Kuhnke.