Was passiert in 100 Billiardstel Sekunden?
Forschungsteam nutzt hochenergetisches Röntgenlicht für neue Messtechnik
Physiker können bald mit ultraschnellen Röntgenkameras filmen, wie sich die Elektronen im Inneren von Materialien verhalten. Die neue Technik stammt von Forschenden verschiedener japanischer Institute und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Am zurzeit modernsten Röntgen-Freie-Elektronen-Laser der Welt am RIKEN-Institut, Japan, erzielten sie damit tiefere Einblicke als jemals zuvor auf den kürzesten Zeitskalen.

Das Instrument trHAXPES (time resolved HArd X-ray PhotoElectron Spectroscopy) macht die ultraschnelle Elektronendynamik in „vergrabenen Schichten“ in Festkörpern für Untersuchungen zugänglich.
M. Oura
Die Wissenschaftler erhoffen sich dadurch ein besseres Verständnis von Materialeigenschaften. Außerdem können sie mit der neuen Methode verfolgen, wie Elektronen in elektronischen Bauteilen während des Betriebs agieren. „Das sind grundlegende Prozesse, die in wenigen Femtosekunden, also Billiardstel Sekunden, ablaufen“, erklären Privatdozent Dr. Kai Rossnagel und Doktorand Lars-Philip Oloff von der Kieler Universität.
Möglich machen die Messungen extrem kurze Blitze aus hochenergetischem Röntgenlicht, sogenannter harter Röntgenstrahlung, die momentan nur in zwei Forschungsinstituten in Japan und den USA erzeugt werden kann. Rossnagel und Oloff und ihre japanischen Kollegen nutzten die Strahlung, um die sehr leistungsfähige Technik der Photoelektronenspektroskopie weiterzuentwickeln. Bei dieser Methode sendet ein optischer Laser einen ultrakurzen Lichtpuls aus, der Elektronen in festen Materialien anregt. Ein zweiter zeitversetzter Röntgenpuls schlägt die sogenannten Photoelektronen aus dem Material. Aus ihrer gemessenen Geschwindigkeit lässt sich dann zum Beispiel die Energie und die Dynamik der Elektronen im Festkörper bestimmen.
Bisher war das nur mit ultravioletter oder weicher Röntgenstrahlung möglich, so dass insbesondere die tief im Inneren und stark an die Atome des Festkörpers gebundenen Elektronen nicht zugänglich waren. Diese geben aber gerade Auskunft über die chemische Zusammensetzung von Materialien oder helfen bei der Bestimmung von magnetischen Eigenschaften. „Mit unserer Technik, die hartes Röntgenlicht einsetzt, können wir bis zu zehn Mal tiefer in Festkörper hineinsehen und schnellere Abläufe beobachten als zuvor“, sagt Rossnagel. Auf der Suche nach neuartigen Materialien und schnelleren Bauelementen bringe die neue Analysemethode die Forschenden einen großen Schritt weiter. In den kommenden Jahren wollen Rossnagel und seine Mitarbeitenden diese am zurzeit noch im Bau befindlichen Röntgen-Freie-Elektronen-Laser in Hamburg, der dann neue Maßstäbe setzen wird, weiter verfeinern.
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