Enantioselektive Synthese neuer Cashmeran-Duftstoffe
„Cashmeran ist parfümistisch besonders wertvoll, weil es einen koniferigen Holzcharakter und eine Moschusnote perfekt miteinander vereint, was etwa für die Komposition von trendigen Adlerholz/Oudh-Düfte unverzichtbar ist“, berichtet Philip Kraft (Givaudan Schweiz AG, Dübendorf). Hohe Cashmeran-Gehalte von rund 25% finden sich aber auch in den Parfüms „Dans tes bras“ und „Duro“. Cashmeran, ein ungesättigtes Keton mit einem bicyclischen Gerüst aus einem Fünf- und einem Sechsring, war bisher der einzige verwendete Riechstoff mit diesem speziellen Duftprofil. Nun ist den Forschern um Kraft und Benjamin List (Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim/Ruhr) gelungen, eine neue Klasse von Cashmeran-Riechstoffen zugänglich zu machen, und dies durch eine neue Katalysestrategie sogar enantiomerenrein.
Ausgangspunkt war eine offenkettige schwache Leitstruktur mit hoher Geruchsschwelle, bei der aber schon ein gewisser Cashmeran-Charakter erkennbar war. Um diese Eigenschaften herauszuarbeiten, überlagerten die Forscher die Leitstruktur per Computersimulation mit derjenigen von Cashmeran und entwarfen zwei neue Zielstrukturen. Ein Kohlenstoffzentrum wird dabei zu einem neuen Stereozentrum, das heißt zwei Verbindungen können als Bild und Spiegelbild vorliegen, in so genannten enantiomeren Formen, was zu charakteristischen Unterschieden bei der Bindung in den Riechrezeptoren führt.
„Um die insgesamt vier gewünschten Verbindungen zu erhalten, mussten wir eine ganz neue Synthesestrategie entwickeln“, so List. „Diese basiert auf einer neuartigen Michael-Addition, die über eine katalytische Enol-Aktivierung verläuft und interessante neue Perspektiven für die organische Synthese enantiomerenreiner Stoffe eröffnet.“
Während eine der so erhaltenen Verbindungen die fruchtigen Aspekte von Cashmeran teilt, bringt dessen Enantiomer überrraschenderweise die dunklen, holzigen Facetten von Cashmeran mit. Nur der dritte neue Duftstoff vereinigt beide und zeigt den typischen holzig-moschusartigen Geruchseindruck von Cashmeran. Leider stellte er sich im direkten Vergleich mit Cashmeran noch als schwächer heraus, verglichen mit der ursprünglichen Leitstruktur konnte die Aktivität allerdings um 40% gesteigert werden – bei ausgeprägterem Cashmeran-Charakter.
Aus dem Vergleich der Duftcharakteristika der vier Verbindungen konnten die Forscher ableiten, welche Konfigurationen für den Cashmeran-Geruch in dieser strukturell neuen Duftfamilie ausschlaggebend sind – und somit erste Rückschlüse auf die Geometrie der beteiligten Geruchsrezeptoren ziehen. Aus den unterschiedlichen Cashmeran-Facetten der beiden Enantiomere schließen sie, dass mindestens zwei Riechrezeptoren an der Wahrnehmung von Cashmeran-Riechstoffen beteiligt sind, vermutlich aber mehr.
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