Einblick ins Innere magnetischer Schichten
HZB
Damit haben sie das Verständnis von relevanten Prozessen in zukünftigen TMR-Datenspeichern und anderen spintronischen Bauelementen erheblich erweitert. Ihre Ergebnisse sind nun in Nature Communications veröffentlicht.
In jeder Festplatte und jedem Schreib-Lesekopf stecken heute magnetische Schichtstrukturen: Dies sind Sandwiches aus komplexen Heterostrukturen, deren einzelne Schichten nur wenige Nanometer dick sind. Entscheidend für ihre Funktion ist dabei ein quantenphysikalischer Effekt, der Tunnelmagnetwiderstand (TMR). Er tritt auf, wenn zwei ferromagnetische Schichten voneinander durch eine isolierende Schicht von wenigen Atomlagen Dicke getrennt sind, wie zwei Brotscheiben durch eine Scheibe Käse. Solange die Magnetisierung in den beiden „Brotscheiben“ parallel ist, dürfen Elektronen durch den „Käse“ tunneln, so dass der Widerstand niedrig ist. Ändert sich jedoch in einer der Schichten die Magnetisierung, dürfen die Elektronen nicht mehr durch die mittlere Schicht tunneln und der Widerstand ist hoch. So lässt sich durch magnetischen Einfluss auf eine der Außenschichten der elektrische Widerstand präzise steuern und mit den binären Werten „Null“ und „Eins“ verbinden, mit denen sich rechnen lässt.
Neue Effekte beobachtet
Nun haben Teams aus Frankreich, Spanien und dem HZB entdeckt, dass in Sandwich-Strukturen aus verschiedenen Übergangsmetalloxiden an den Grenzflächen Effekte auftreten, die den TMR-Widerstand stark beeinflussen. Dies hatte das französische Team um Manuel Bibes und Agnès Barthelemy, Unité de Physique, CNRS/Thales, Palaiseau, in Zusammenarbeit mit dem Team um Jacobo Santamaria in Madrid, zunächst durch Messungen der Transporteigenschaften beobachtet. Sie untersuchten dafür ein Schichtsystem aus zwei LSMO-Schichten (La0.7Sr0.3MnO3), die durch eine sehr dünne LFO-Schicht (LaFeO3) getrennt war. Dabei waren die LSMO-Schichten ferromagnetisch (Mangan-Atome richten ihre magnetischen Momente in Domänen parallel zueinander aus), die LFO-Isolatorschicht dagegen antiferromagnetisch (Eisenatome ordnen hier ihre magnetische Momente antiparallel zueinander).
Neue magnetische Ordnung an den Grenzflächen
Messungen mit der Messkammer ALICE und am XPEEM-Instrument der UE49-Beamline von BESSY II haben deutlich gemacht, was an den Grenzschichten zwischen den ferromagnetischen Schichten und der antiferromagnetischen Innenschicht geschieht. Mit dem XPEEM-Instrument konnten sie entschlüsseln, wie sich die magnetischen Elemente Mangan und Eisen an den Grenzschichten jeweils ausrichteten. „Wir haben gesehen, dass an den Grenzen neue magnetische Phasen entstehen, die wie Spin-Filter wirken“, erklärt Sergio Valencia Molina, der das HZB-Team leitet. „Vereinfacht gesagt: Die Eisen-Atome der Isolatorschicht werden an der Grenzschicht durch die Manganatome beeinflusst und richten ihre magnetischen Momente nun antiparallel zu denen der Mangan-Atome aus. Dadurch entsteht direkt an der Grenzschicht auch in der Isolatorschicht eine ferromagnetische Ordnung. Damit haben wir erstmals experimentell nachgewiesen, dass sich auch in nicht-ferromagnetischen Barriereschichten ferromagnetische Ordnung induzieren lässt“. Das französische Team rechnete daraufhin durch, wie sich solche Spin-Filter auf den Tunnelmagnetwiderstand auswirken und konnte die experimentellen Daten reproduzieren.
„Solche komplexen Oxid-Heterostrukturen könnten in der Spintronik zukünftig eine große Rolle spielen“, sagt Valencia. Die Ergebnisse, die nun in Nature Communications veröffentlicht sind, erklären einen wichtigen, bislang noch nicht beachteten Prozess und helfen damit beim Design von Tunnelbarrieren mit den gewünschten Eigenschaften.