Erstes Röntgenlicht aus dem neuen supraleitenden Undulator an ANKA
Erfolgreicher Test des supraleitenden Hochleistungsundulators SCU15
KIT/ANKA/BNG
Synchrotronstrahlung ist eine der intensivsten Quellen von Röntgen- und Infrarotstrahlung und von höchstem Nutzen für die Forschung, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie. Sie bietet einzigartige Einblicke in die Welt der Biologie, Medizin, Chemie und Physik und lässt sich im Rahmen eines zerstörungsfreien Verfahrens zur Analyse von Werkstoffen und Bauteilen für zukünftige Anlagen und Maschinen einsetzen.
Die Synchrotronstrahlungsquelle ANKA des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Industriepartner Babcock Noell GmbH (BNG) haben nun einen neuartigen supraleitenden Undulator entwickelt und ihn erfolgreich in den ANKA-Speicherring eingebaut und getestet.
Der neuartige supraleitende Hochleistungsundulator trägt die Bezeichnung SCU15 und ist eine 1,5 m lange Vorrichtung, die die Elektronen mit Hilfe eines periodischen Magnetfelds auf eine wellenförmige Bahn zwingt (mit 100 Perioden von jeweils 15 mm). „Die erfolgreiche Inbetriebnahme des SCU15 ist ein wichtiger Meilenstein in unserem Forschungs- und Entwicklungsprogramm für Beschleunigerkomponenten der nächsten Generation und stellt einen bedeutenden Durchbruch in der Entwicklung von supraleitenden Undulator-Magneten dar“, erklärt Dr. Sara Casalbuoni, Leiterin der ANKA-Forschungsgruppe „Insertion Devices“. Cristian Boffo, Leiter der Entwicklungsabteilung für Magnettechnologien bei BNG, ergänzt: „Neue technische Ansätze, die der Entwicklung des SCU15 zugrunde liegen, haben zu diesem erfolgreichen Abschluss des ersten Meilensteins unserer KIT-BNG-Kooperation beigetragen. Der SCU15 ist eine weltweit einzigartige Komponente.“ Die gemeinsame Entwicklung wurde im Rahmen eines mehrjährigen Forschungs- und Entwicklungsprogramms für supraleitende Beschleunigermagnete von der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert.
Bei einem Undulator handelt es sich um eine Reihe von Dipolmagneten mit abwechselnden Magnetfeldrichtungen, die einen Strahl von hochenergetischen Elektronen auf eine „wellenförmige“ Bahn zwingen, was die Emission starker und hoch kollimierter elektromagnetischer Strahlung zur Folge hat. Im Gegensatz zu konventionellen Undulatoren auf Basis von Permanentmagneten basiert SCU15 auf supraleitenden Elektromagneten. Grundlage ist die Fähigkeit einiger Materialien, bei sehr niedrigen Temperaturen extrem hohe elektrische Ströme ohne jeglichen Widerstand zu leiten. Die hohen Ströme erzeugen hohe magnetische Felder. Dank des Einsatzes hochpräziser Komponenten erfüllt der SCU15 sehr hohe Anforderungen hinsichtlich der Genauigkeit des Magnetfeldes. Der SCU15 ist damit der erste supraleitende Undulator, der deutlich höhere Magnetfelder als vergleichbare Undulatoren auf Basis von Permanentmagneten erreicht.
Die Entwicklung supraleitender Undulatoren in Karlsruhe begann in den frühen 1990er Jahren. Das KIT besitzt mehrere Patente im Bereich der supraleitenden Undulatortechnologie (z. B. H.O. Moser, B. Krevet und H. Holzapfel (1991), Patent DE 4101094 C1). Bereits 2005 wurde ein erstes Demonstrationsmodell eines supraleitenden Undulators (entwickelt in Kooperation mit Accel GmbH) in den ANKA-Speicherring eingebaut und in Betrieb genommen. Die erzielten Ergebnisse waren von großer Bedeutung für die weiteren Arbeiten. So wurde beispielsweise beobachtet, dass die vom Elektronenstrahl erzeugte Wärmelast das höchste erreichbare Magnetfeld begrenzte. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse und der Erfahrung von BNG auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung von leitungsgekühlten Systemen, z.B. eines Elektromagneten, der erfolgreich in der Spallationsneutronenquelle (SNS) am U.S. Oak Ridge National Laboratory eingesetzt wurde, wurde der SCU15 so optimiert, dass ein höheres Magnetfeld als bei vergleichbaren Undulatoren erzielt wird.
Professor Anke-Susanne Müller, eine der drei ANKA Direktoren und Leiterin der Beschleunigerforschung, unterstreicht: „Die Ergebnisse, die wir mit dem SCU15 bei ANKA erzielt haben, sind sehr vielversprechend und ermutigend für die zukünftige Nutzung von SCU-Komponenten in vorhandenen Synchrotronstrahlungsquellen und geplanten Strahlungsquellen mit noch niedrigerer Emittanz“.