Lebensmittelkontrolle: Selten Pestizidbelastungen über dem erlaubten Maximalgehalt
Am Überwachungsprogramm 2013 beteiligten sich alle EU-Länder (außer Kroatien) sowie Norwegen und Island. Im Rahmen des Programms wurden knapp 81.000 Lebensmittelproben von den zuständigen nationalen Behörden untersucht. Gemüse, Früchte (inklusive Nüsse) und Getreide gehören dabei zu den am häufigsten analysierten Produktgruppen. Der überwiegende Teil der Untersuchungsdaten wird aus nationalen Kontrollprogrammen gewonnen. Insgesamt wurden bis dato 685 Pestizide untersucht - im Durchschnitt 200 pro Probe. 16,2 Millionen Funde wurden der EFSA gemeldet. Weniger als ein Prozent von ihnen enthielten messbare Rückstände (Rückstände über der Grenze der Quantifizierung). Hermine Reich (EFSA) stellte in Mainz die Ergebnisse der Überwachung detaillierter vor. Der erste Teil ihres Vortrags widmete sich den von der EU selbst durchgeführten Analysen. Diese konzentrierten sich auf zwölf verschiedene Lebensmittel (Äpfel, Kohlköpfe, Lauch, Kopfsalat, Pfirsiche, Erdbeeren, Tomaten, Hafer, Roggen, Wein, Milch und Schweinefleisch), die auf 209 Pestizide getestet wurden. Alle Proben wiesen nachweisbare Rückstände auf; Rückstände über dem MRL (Maximum Residue Level) wurden bei 0,5 Prozent der Proben gefunden. Die insgesamt besten Ergebnisse mit nur einem niedrigen Anteil an Proben, die das MRL überschritten, zeigten Tierprodukte. Bei Erdbeeren, Pfirsichen und Äpfeln enthielten über 60 Prozent der Proben nachweisbare Rückstände. Außer in Schweinefleisch, Milch und Roggen, wurden in allen analysierten Lebensmittelprodukten Rückstände über dem MRL gefunden. Erdbeeren und Kopfsalat überschritten die legale Grenze am häufigsten (2,5 bzw. 2,3 Prozent). Die meisten verschiedenen Pestizide wurden in Erdbeeren (84 Stück), Tomaten (82) und Pfirsichen (80) gemessen. Die niedrigsten Werte zeigten auch hier das Schweinefleisch (7) und die Kuhmilch (5). Vergleiche zwischen den Ergebnissen von 2010 und 2013 zeigten eine relative Konstanz mit geringen Variationen für bestimmte Pestizide. Eine positive Entwicklung konnte für eine Reihe nicht-autorisierter Pestizide festgestellt werden, die 2010 in Konzentrationen über der legalen Grenze gefunden, in den Proben von 2013 aber nicht festgestellt wurden. Die nationalen Überwachungsprogramme zeigen einen leicht rückläufigen Trend für Proben über der legalen Grenze. Insgesamt sei die Wahrscheinlichkeit, über die Nahrung einem Pestizidwert über dem toxikologischen Grenzwert ausgesetzt zu sein, als niedrig anzusehen, so Reich. Um die Effektivität der Kontrollen zu erhöhen und ihre Qualität zu verbessern, rät die EFSA dazu, die Resultate früherer Überwachungsjahre in den nationalen Programmen zu berücksichtigen, den analytischen Umfang in einigen der Mitgliedstaaten zu vergrößern und die Identifizierung von Rückstandsquellen, insbesondere in sensiblen Lebensmittelprodukten wie Babynahrung, anzustreben. Darüber hinaus müsse der Leitfaden zur Ergebniscodierung verbessert werden, um zu verhindern, dass verschiedene Ansätze von den Mitgliedstaaten implementiert werden, ergänzte Reich. Eine Überarbeitung der MRLs hält die EFSA derzeit bei Chlorpyrifos und einer Reihe von Substanzen für nötig, die nicht nur als Pestizide eingesetzt werden (dual use substances). Ebenso sollten aus Sicht der Behörde die Rückstandsdefinitionen für Quecksilber in Wildpilzen und Tierprodukten angepasst werden.
Überprüfung von Substanzen: Welche sollten es sein?
Insbesondere für Lebensmittelhersteller stellen Pestizidrückstände ein großes Problem dar. Die Liste an kritischen Substanzen, die ihren Weg ins Essen finden können, ist lang und ständig kommen neue hinzu. Jürgen Plange (PMG Premium Mühlen Gruppe) warf auf der Konferenz deshalb die Frage auf, welche Substanzen relevant genug seien, um sie im Detail zu überprüfen - alle möglichen Stoffe zu evaluieren sei nicht praktikabel, so Plange. Sein Unternehmen beliefert Bäckereien in ganz Europa mit Getreideprodukten und Backzutaten und verkauft darüber hinaus Futtermittelmaterialien an deutsche und niederländische Kunden. "Unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir Risiken in Lebens- und Futtermitteln bewältigen können. Werden zu hohe Pestizidgehalte gefunden, müssen wir als Hersteller die Verantwortung dafür übernehmen - ungeachtet dessen, dass wir selbst keine Pestizide einsetzen und Fehler auch schon auf den Feldern oder später bei Transport und Lagerung passieren können", erklärte Plange die Situation der Hersteller. "Die Kunden möchten, dass wir alle Pestizidwarnungen berücksichtigen und verlangen von uns eine Garantie, dass die kritischen Substanzen nicht in ihrem Produkt enthalten sind." Aus diesem Grund setzt das Unternehmen auf Eigeninitiative. PMG überprüft sowohl die LKWs, die die Rohware anliefern, als auch die Zuliefererfirmen. Zudem werden Proben genommen und zu den Zulieferern zurückverfolgt. Das Unternehmen hat ein eigenes Überwachungssystem etabliert, unter dem pro Jahr 1.800 Proben genommen und anhand bewährter Methoden in einem unabhängigen Labor getestet werden. Beteiligt am System sind alle Getreidemühlen der PMG sowie einige Futtermittelproduzenten und Getreidehändler. Das System hat in den vergangenen Jahren eine Datenbank mit mehr als zwei Millionen Analyseresultaten entstehen lassen. In ihr finden sich Ergebnisse für alle Regionen des Landes. Darüber hinaus sind auch Proben aus Österreich und Polen enthalten. Der Sinn der Datenbank bestehe darin, die Beteiligten über die Testresultate zu informieren, Muster der unerwünschten Substanzen zu erkennen und so früh wie möglich auf Gefahren aufmerksam zu machen, erklärte Plange. Man habe mehr Ergebnisse als eine Firma alleine bereitstellen könne und übertreffe sogar die der Behörden, so der Unternehmensvertreter. Bereits jetzt liefere das Überwachungssystem in einem Jahr mehr Analysedaten als die EU in drei Jahren habe zusammentragen können. Mit dem eigenen Überwachungssystem wolle man Antworten für die Kunden finden, aber auch dazu beitragen, Diskussionen über bestimmte Substanzen zu beruhigen, betonte Plange. Aus Sicht der PMG sind es 92 Stoffe, die überprüft werden sollten. Zu diesen gehören alle Substanzen, die auf Getreide und anderen Feldfrüchten zum Einsatz kommen oder im Zusammenhang mit Tierbeständen angewandt werden. Zusätzlich sei die Untersuchung von Schwermetallen, Fusarium-Toxinen, Bakterien, Dioxin, Tropan, Ergotalkaloiden, Aluminium, Nickel und Pyrrolizidinsäure sinnvoll, so Plange. Von den Behörden wünsche man sich unter anderem eine umfassende Datenbank, in der die Namen chemischer Substanzen separat von formulierten Produkten und Marketingnamen aufgeführt und um Angaben zu z.B. zugelassenem Gebrauch, Verkaufszahlen, gesundheitlichen Risiken für Lebensmittelkonsumenten und Maximalgehalten in verschiedenen Lebensmittelgruppen ergänzt werden.
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