Mehr Wasserstoff durch neue Nanopartikel
Die Zukunft der erneuerbaren Energien hängt eng damit zusammen, wie effizient sich der erzeugte Strom speichern lässt. Ein vielversprechendes Speichermedium ist Wasserstoff. Er entsteht mit Hilfe des Stroms aus Wasser und kann je nach Bedarf wieder als Energiequelle genutzt werden.
Seine elektrochemische Herstellung beinhaltet zwei gekoppelte Reaktionen. In der ersten, der Wasseroxidation, entstehen Sauerstoff und freie Elektronen. In der zweiten Reaktion, der Wasserreduktion, bildet sich mit Hilfe dieser Elektronen der Wasserstoff. Sind ausreichend freie Elektronen vorhanden, läuft dieser zweite Schritt problemlos ab. Der limitierende Faktor ist die Wasseroxidation. Derzeit forschen viele Wissenschaftler an Materialien, den sogenannten Katalysatoren, die diese Reaktion erleichtern sollen.
Ein Team um Thomas Bein, Professor für Physikalische Chemie an der LMU und Koordinator des Bereichs Energiekonversion bei der Nanosystems Initiative Munich (NIM), und Professor Dina Fattakhova-Rohlfing von der LMU und NIM haben jetzt Nanopartikel aus Nickel und Eisen entwickelt, mit deren Hilfe die Wasseroxidation bis zu zehnmal effektiver abläuft als mit vergleichbaren Verbindungen. Zudem sind die Partikel einfach herzustellen, günstig und vielfältig einsetzbar.
Bewusst langsame Synthese
Verantwortlich für den Erfolg sind die Mischung aus Nickel und Eisen, die kristalline Struktur der Partikel und ihre außergewöhnlich geringe Größe. „Mit den herkömmlichen Synthesemethoden entstehen Partikel grundsätzlich in dem thermodynamisch stabilsten Zustand“, erklärt Ksenia Fominykh, Erstautorin der Veröffentlichung. „In unserer Methode spielt die bewusst langsame Reaktionsgeschwindigkeit die entscheidende Rolle. Denn sie ermöglicht, dass auch weniger stabile, sogenannte metastabile Phasen entstehen und sich dadurch unter anderem außergewöhnliche Mischverhältnisse von Nickel und Eisen in unseren Nanopartikeln bilden können.“
Die Charakterisierung der Struktur und besonders die Eisenverteilung in dermaßen kleinen Teilchen stellt eine große Herausforderung dar und bedarf spezieller analytischer Methoden. In Zusammenarbeit mit den Gruppen von Professor Christina Scheu (MPI Düsseldorf) und Dr. Ivelina Zaharieva (FU Berlin) gelang es den LMU Forschern, die Struktur vollständig aufzuklären.
Vielfach höhere Ausbeute
Die von den Münchner Chemikern entwickelten Partikel weisen eine einheitliche kristalline Struktur auf und sind mit bis zu 1,5 Nanometer Durchmesser außergewöhnlich klein. Entsprechend groß ist daher das Verhältnis Oberfläche zu Volumen, was entscheidend zur hohen katalytischen Aktivität beiträgt. Wie effektiv ihre Nanopartikel sind, zeigt den NIM-Wissenschaftlern die Anzahl an Sauerstoff-Molekülen, die pro Sekunde und zugänglichem Nickel-Atom gebildet werden. Die Rate liegt zehnmal höher als bei allen bisher in der Literatur beschriebenen Versuchen mit vergleichbaren Nickel-Eisen-basierten Verbindungen.
Die Kombination der sehr großen katalytisch aktiven Oberfläche mit der hohen Kristallinität der Nanoteilchen ist zudem mitverantwortlich dafür, dass die Stuktur auch nach dauerhafter Elektrolyse unter hohen Strömen intakt bleibt. Dies ist besonders wichtig, da Stabilität eines der größten Probleme bei der Entwicklung von Katalysatoren darstellt.
Anwenderfreundliche Nanopartikel
Auch sonst sind die Partikel sehr anwenderfreundlich. Eine Besonderheit der Synthese ist die Entstehung nicht verklumpter Nanokristalle, die als Teilchen-Dispersion vielseitig einsetzbar sind. So lassen sie sich zum Beispiel als elektrochemisch aktive dünne Schicht auf beliebige Unterlagen aufbringen oder alternativ als Einzelteilchen verteilen, was für die Entwicklung von komplexeren katalytischen Systemen erfolgversprechend ist.
„Die außergewöhnlich hohe katalytische Aktivität unserer Nanopartikel zeigt, wie groß der Einfluss von Synthesestrategie und Nanomorphologie auf die Eigenschaften der entstehenden Materialien ist“, erklärt Dina Fattakhova-Rohlfing. „Aktuell arbeiten wir daran, die katalytische Aktivität von Nanomaterialien nicht nur durch die Größe sondern auch durch den gezielten Einbau von Defekten zu erhöhen. Ziel ist die Entwicklung noch effektiverer Materialien für unterschiedliche Energieanwendungen.“