Hin zu einer tierversuchsfreien Chemikalientestung

Universität Konstanz beteiligt sich an europäischem Großprojekt „EU-ToxRisk“

20.10.2015 - Deutschland

Ein europaweites Pilotprojekt soll neue Grundlagen zur tierversuchsfreien und effizienteren Sicherheitsbewertung von Chemikalien schaffen: Die Universität Konstanz beteiligt sich an dem Großprojekt „EU-ToxRisk“, einem Forschungsverbund aus insgesamt 39 Partnereinrichtungen aus Wissenschaft, Industrie und europäischen Regulierungsbehörden. Die Europäische Kommission fördert das Verbundprojekt im Rahmen ihres Forschungsprogrammes „Horizont 2020“ mit insgesamt rund 30 Millionen Euro.

„EU-ToxRisk” verknüpft neueste Forschungserkenntnisse aus Zellbiologie, sogenannten Omics-Technologien, Systembiologie sowie Bio-Informatik, um die komplexe Ereigniskette zu analysieren, die von der Verabreichung einer Chemikalie bis zum Eintreten eines toxischen Effekts reicht. Der Forschungsverbund will einen Machbarkeitsbeweis für neue, tierversuchsfreie Testverfahren antreten, die auf einer Analyse der Mechanismen von Ursache und Wirkung toxischer Prozesse basiert. Diese „mechanistischen“ Testverfahren werden in Testbatterien integriert, die den gesetzlichen Richtlinien entsprechen und auf eine industrielle Umsetzung ausgerichtet sind.

Mit ihrer Professur für Alternative in-vitro Methoden beteiligt sich die Universität Konstanz an dem Großprojekt. Das Konstanzer Forschungsteam um den Toxikologen Prof. Dr. Marcel Leist analysiert die möglichen Auswirkungen von Chemikalien auf das menschliche Nervensystem und auf die pränatale Entwicklung. Zu diesem Zweck werden die Wissenschaftler Funktionstests mit modernsten Methoden kombinieren, um die Genexpression von Zellen unter chemischer Belastung auszuwerten. Die Konstanzer Arbeitsgruppe wird darüber hinaus weitere Methoden erarbeiten, die eine bessere Risikoeinschätzung von Chemikalien ermöglichen, darunter Computer-Prognosemodelle und Methoden zur Einbeziehung multipler biologischer Datensätze.

„Ethische Bedenken gegenüber Tierversuchen wie auch ökonomische Gründe – hohe Kosten und zeitlicher Aufwand – machen einen Paradigmenwechsel bei der Sicherheitsbewertung von Chemikalien erforderlich: Weg von wenig stichhaltigen Tierversuchen, hin zu einem toxikologischen Bewertungsverfahren, das auf einer Analyse der Reaktionen menschlicher Zellen auf Chemikalien basiert. Nur dadurch wird ein umfassendes, „mechanistisches“ Verständnis von Ursache und Wirkung der schädlichen chemischen Effekten möglich“, fordert Marcel Leist, der zugleich Leiter des Zentrums für Alternativen zum Tierversuch in Europa (CAAT-Europe) ist.

EU-ToxRisk“ wird im Januar 2016 seinen Auftakt an der Universität Leiden (Niederlande), die das Projekt koordiniert, haben. Das europäische Großprojekt ist auf sechs Jahre angelegt.

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