EU-Biozidverordnung: Zulieferer müssen ab sofort gelistet sein
Artikel 95 der BPR
Seit September können Biozidprodukte nur dann auf den europäischen Markt gebracht werden, wenn der Zulieferer der enthaltenen Substanz oder der des Endproduktes auf der offiziellen Artikel 95-Liste für den Produkttyp, dem das Produkt zugeordnet wird, gelistet ist. Jeder Hersteller sollte überprüfen, ob er bereits über seinen Zulieferer auf der Artikel 95-Liste vertreten sei, riet Hugues Kenigswald (ECHA). Falls dies nicht gegeben sei, müsse seitens des Zulieferers oder des Herstellers so schnell wie möglich gehandelt werden. Es gelte zu bestimmen, wer sich um einen Platz auf der Liste bewerben solle. Ebenso sei es wichtig, genügend Zeit für die Verhandlungen über das Teilen der Daten einzuplanen, so Kenigswald. Nachdem die Bewerbung abgesendet worden sei, sollte der erstellte Kommunikations-Account mit ECHA im Blick behalten und die Artikel 95-Liste im Hinblick auf neu hinzukommende relevante Substanzen beobachtet werden, ergänzte er. Kenigswald wies zudem darauf hin, dass auf der Website der ECHA Hilfestellungen für Zulieferer zum Thema zur Verfügung stehen.
Artikel 95 beendet Trittbrettfahrerei
Dr. Michael Werner (Dr. Knoell Consult) äußerte sich in Mainz ebenfalls zum Artikel 95 und lieferte Erfahrungsberichte. Lieferanten (Hersteller oder Importeure) relevanter Substanzen müssten entweder ein komplettes Dossier zur Substanz einreichen, einen so genannten „Letter of access“ oder eine Referenz zu einem kompletten Dossier vorweisen können, um auf die Artikel 95-Liste zu gelangen, verdeutlichte er die grundsätzliche Situation. Über die in Kraft getretene Neuregelung würden nun alternative bzw. zukünftige Antragsteller in die Pflicht genommen nachzuweisen, dass sich der Zulieferer der aktiven Substanz legal auf dem Markt befinde. Hierfür müsse er Daten und/oder einen Letter of access zu einem vorhandenen Dossier eines Teilnehmers im Review-Verfahren einreichen. Werner bezeichnete Artikel 95 der BPR als „Ende des Trittbrettfahrens“. Diejenigen, die in die Überprüfung der Substanzen investiert hätten, sollten für die geleistete Arbeit und die investierten Kosten adäquat von alternativen Zulieferern und zukünftigen Antragstellern, die selber nicht an der Überprüfung teilgenommen und die gemeinsame Evaluierung der Substanzen nicht aktiv unterstützt hätten, kompensiert werden, erklärte der Experte seine Aussage. Denn: Auch wer sich selbst nicht beteiligt habe, profitiere letztendlich vom etablierten regulatorischen System. Bislang hätten einige wenige Firmen zum Nutzen aller die Kosten getragen, während andere Firmen dieselben Substanzen in ihren Produkten auf den Markt gebracht hätten, ohne die entsprechenden Kosten für das Bioziddossier und dessen Verteidigung zu tragen. Jedoch sei ausnahmslos jeder aufgefordert, sich an den Kosten zu beteiligen – sei es durch einen Letter of access, durch das Teilen von Daten oder die Vorbereitung eines eigenen Dossiers, so Werner.
Artikel 95-Liste: Wer muss sich aktiv um seinen Platz kümmern?
Generell müssten entweder der Substanz- oder der Produktzulieferer auf der Artikel 95-Liste auftauchen, erklärte Werner. Mit Substanz-Zulieferern sind Hersteller oder Importeure einer relevanten Substanz per Definition gemeint, Produktzulieferer dagegen stellen Biozidprodukte her, die aus relevanten Substanzen bestehen, diese enthalten oder generieren, oder bringen die Produkte auf den Markt. Unabhängig von der genauen „Zulieferer-Kategorie“ müssten Personen, die für die Bereitstellung von Biozidprodukten verantwortlich sind, die Verbindung ihres Produkts mit einem Substanz- oder einem Produktzulieferer in jedem Fall darlegen, betonte Werner.
Eine Reihe von Personen wird automatisch auf die Artikel 95-Liste gesetzt. Zu diesen gehören Teilnehmer des Überprüfungsprogramms, Unterstützer neuer aktiver Substanzen, d.h. diejenigen, die unter Artikel 11 der BPD bzw. Artikel 7 der BPR ein Dossier eingereicht haben, sowie diejenigen, die ein Drittpartei-Dossier eingereicht haben (etwa als Teil einer Produktautorisierung). Zulieferer müssen dagegen selbst aktiv werden, um auf der Artikel 95-Liste aufgenommen zu werden. Speziell von der Regelung betroffen sind damit Hersteller und Importeure aktiver Substanzen, die selber nicht am Überprüfungsprogramm teilgenommen haben, Hersteller und Importeure neuer aktiver Substanzen, für die bereits ein Dossier eingereicht und welche bereits genehmigt wurden, und Hersteller von Biozidprodukten, welche die entsprechenden Produkte auf den Markt bringen und deren Zulieferer für aktive Substanzen nicht auf der Liste zu finden ist.