Selbstreinigung der Atmosphäre: entscheidend für die Luftqualität, wesentlich für das Klima

02.12.2015 - Deutschland

Das sogenannte Hydroxyl-(OH)-Radikal sorgt dafür, dass sich die Atmosphäre selbst von vielen Schadstoffen reinigt. Dies geschieht jedoch in Regionen, in denen der Mensch für eine starke Luftbelastung sorgt, offenbar anders als in bewaldeten Gebieten fernab der Metropolen. Um das Potenzial der Selbstreinigungskraft auf die Luftqualität und das Klima besser abschätzen zu können, suchen Jülicher Forscher nach den zugrunde liegenden chemischen Prozessen.

"OH-Radikale entstehen zum Beispiel, wenn Ozon durch Sonnenlicht gespalten wird", erklärt Prof. Andreas Wahner vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung. "Diese OH-Radikale sorgen nicht nur dafür, dass Schadstoffe aus der Luft ausgewaschen werden können, sondern sie bauen auch das klimarelevante Methan ab", betont Wahner. Weltweit arbeiten Experten daran, das Potenzial dieses "Waschmittels der Atmosphäre" genau zu verstehen.

Ein Beispiel für Schadstoffe, die das OH-Radikal effektiv abbaut, sind Stickoxide aus Abgasen. Dabei unterliegt das OH-Molekül sogar einem Recycling-Prozess. Zudem gilt: Je mehr Stickoxide sich in der Luft befinden, umso höher fällt auch die OH-Konzentration aus. Das bestätigen sowohl Modellrechnungen als auch Messungen geringer OH-Konzentrationen in unbelasteten Meeresregionen. In bewaldeten Gebieten mit geringen Stickoxidwerten jedoch versagen die Rechenmodelle. "Wir haben dort eine viel höhere OH-Konzentration vorgefunden, als es unsere chemischen Modelle vorhergesagt hatten." Die Forscher gehen davon aus, dass es einen bisher unbekannten chemischen Prozess gibt, der diese Werte erklären könnte.

"Pflanzen stoßen eine große Menge an flüchtigen organischen Komponenten aus", erläutert Andreas Wahner. "Isopren und Monoterpen aus Pflanzen reagieren beispielsweise mit dem OH-Radikal. Bisher stimmen die chemischen Gleichungen aber nicht mit unseren Messwerten vor Ort überein", fasst Wahner den Stand der Forschung zusammen. Aufschluss über den bisher unverstandenen Prozess erhoffen sich die Wissenschaftler durch eine neue Versuchsreihe in der Jülicher Klimakammer "SAPHIR Plus". Hierbei leiten sie die von Pflanzen abgegebenen flüchtigen organischen Emissionen in eine streng kontrollierte große Luftkammer. In dieser werden dann alle ablaufenden chemischen Prozesse gemessen und aufwendig analysiert. "Um effektivere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergreifen zu können, müssen wir wissen, wie lange Luftschadstoffe sowie natürlich vorhandene Emissionen und deren Abbauprodukte wie Ozon oder Aerosole in der Atmosphäre verweilen. Dieses Wissen ist auch essentiell für zuverlässige Klimaprognosen", fasst Wahner zusammen.

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