Magnetwirbel trotzen Temperaturschwankungen
Verbreitetes Magnetgestein ist zuverlässiger Zeuge der Erdgeschichte
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Copyright: Forschungszentrum Jülich
Das Magnetfeld der Erde erfüllt wichtige Zwecke: Es schützt uns zum Beispiel vor geladenen Teilchen aus dem Weltall und ermöglicht Zugvögeln, Bienen und anderen Tieren die Orientierung. Doch es ist nicht stabil, sondern ändert fortwährend seine Stärke und seine Lage. Mehrmals hat es sich in der Vergangenheit sogar umgepolt – Nord- und Südpol haben ihren Platz getauscht. Wissenschaftler des Arbeitsbereichs Paläomagnetismus untersuchen mit Hilfe magnetischer Mineralien die Geschichte des Erdmagnetfelds und dessen Entstehung durch flüssige Metallströme im Erdinneren, den so genannten Geodynamo. Auch die Bewegungen der Kontinentalplatten lassen sich mit Hilfe solcher Gesteine nachverfolgen.
Im Laufe von Millionen von Jahren können die Mineralien starken Temperaturschwankungen ausgesetzt sein, etwa durch extreme Klimaänderungen oder vulkanische Aktivitäten. Wie gut überstehen die Magnetstrukturen solche Temperaturschwankungen und wie zuverlässig sind die aus ihnen gewonnenen Informationen? Dies hat ein internationales Forscherteam nun erstmals ultrahochaufgelöst an Proben von Magnetit untersucht, dem Mineral, das die magnetischen Eigenschaften in der Erdkruste dominiert. "Nur in einem kleinen Teil des natürlich vorkommenden Magnetits finden sich Magnetstrukturen, die als sehr stabil gegenüber Temperaturschwankungen bekannt sind", erläutert Dr. Trevor Almeida vom Imperial College London. "Weitaus verbreiteter sind winzige Magnetwirbel. Deren Stabilität war bisher nicht bewiesen."
Mit Kollegen des Forschungszentrums Jülich, der Universität von Edinburgh und der Universität von Nottingham hat Almeida solche Magnetwirbel in Magnetit-Nanokristallen untersucht. Weil die Strukturen so winzig sind – jedes der Körnchen ist nur ungefähr so groß wie ein Virus – gibt es nur eine Methode, mit der sich die Nanowirbel beim Erhitzen und Abkühlen direkt beobachten lassen: "Ein spezielles hochauflösendes Elektronenmikroskop am Ernst Ruska-Centrum (ER-C) in Jülich ist in der Lage, nanoskalige magnetische Felder holographisch sichtbar zu machen", erläutert Almeida. "Dabei entstehen Bilder von Feldlinien, fast so, wie wenn man das Magnetfeld eines Stabmagneten mit Hilfe von Metallspänen sichtbar macht, aber mit einer Auflösung im Nanometerbereich."
Die Experimente in Jülich zeigten, dass die Magnetwirbel zwar beim Erhitzen ihre Stärke und Richtung ändern, aber beim Abkühlen wieder den Ausgangszustand einnehmen. "Somit ist auch Magnetitgestein, das Anzeichen für Temperaturschwankungen aufweist, tatsächlich eine sehr zuverlässige Quelle für Daten zur Erdgeschichte", freut sich Almeida.
"Die Elektronenholographie hat einen völlig neuen Einblick in das magnetische Verhalten von Magnetit ermöglicht", betont Prof. Dr. Rafal Dunin-Borkowski, Direktor am ER-C und am Jülicher Peter Grünberg Institut. Der Experte für Elektronenholographie arbeitet mit seinem Jülicher Team daran, das Auflösungsvermögen dieser Technik noch weiter zu verbessern und die notwendige Infrastruktur für solche Untersuchungen für deutsche und internationale Wissenschaftler bereit zu stellen. "Schwache magnetische Felder in Nanokristallen spielen nicht nur im Paläomagnetismus eine Rolle. In der Informationstechnologie etwa kann die Elektronenholographie ebenfalls von Nutzen sein und helfen, die physikalischen Grenzen der Datenspeicherung und –verarbeitung auszureizen."