M&A-Aktivitäten im Chemie- und Pharmasektor weiterhin auf hohem Niveau
Deutsche Firmen bei Chemie-Transaktionen auf dem Vormarsch
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Pharmasektor: Biotech-Unternehmen als attraktive Targets
In der Pharmabranche kam es im ersten Halbjahr 2016 zu insgesamt 339 abgeschlossenen Transaktionen mit einem Gesamtwert von 86 Mrd. US-Dollar. Das bedeutet einen Rückgang des Dealvolumens auf rund ein Drittel des Wertes zum Ende des Halbjahres 2015 (221 Mrd. US-Dollar).
Vir Lakshman, Leiter des Bereichs Chemie und Pharma bei KPMG Deutschland: „Dass der Appetit auf Mega-Deals zu Beginn des Jahres nachgelassen hat, hat unterschiedliche Ursachen. Zum einen haben vergleichsweise volatile Aktienmärkte die Unternehmen vorsichtiger werden lassen. Zudem hat die US-Regierung Konzernen bekanntlich erschwert, ihre Konzernzentrale in Länder mit niedrigeren Steuersätzen zu verlagern. Eine Folge davon war unter anderem, dass Pfizer im April dieses Jahres die geplante Übernahme von Allergan wieder abgesagt hat. Beispiele aus dem Onkologie-Markt zeigen aber, dass Pharmaunternehmen weiterhin auf milliardenschwere Übernahmen setzen um ihre Positionierung in lukrativen Wachstumsmärkten auszubauen. Insbesondere Biotech-Unternehmen sind attraktive Targets, zumal sich die Umsätze im Onkologie-Markt Studien zufolge von 83 Mrd. auf fast 190 Mrd. US-Dollar in 2022 mehr als verdoppeln sollen.“
Drei Mega-Deals im Pharmasektor
Die drei größten Deals im Pharmasektor waren im ersten Halbjahr für fast 60 Prozent des gesamten Investitionsvolumens verantwortlich. Allen voran die 32 Mrd. US-Dollar-Akquisition des US-Biotech-Unternehmens Baxalta durch Shire. Zudem schloss Abbvie im zweiten Quartal die Übernahme des US-Biotech-Stammzellenspezialisten Stemcentrx ab, um sich Zugang zu einem potentiell bahnbrechenden Heilmittel gegen Lungenkrebs zu sichern. Mit einem Wert von bis zu 9,8 Mrd. US-Dollar ist dies eine der fünf größten Transaktionen eines Venture Capital-finanzierten Unternehmens überhaupt und eine weitere Maßnahme Abbvies, um die Abhängigkeit vom Rheuma-Medikament Humira zu verringern, dessen Patent Ende 2016 ausläuft. Im zweiten Quartal offerierte zudem Sanofi 9,4 Mrd. US-Dollar für den Biotech-Krebsspezialisten Medivation, um ihr Portfolio zu verstärken.
Chemiesektor vor größter ‚all cash‘-Transaktion aller Zeiten
Im globalen Chemiesektor waren im ersten Halbjahr 2016 abgeschlossene M&A-Aktivitäten im Wert von 37 Mrd. US-Dollar zu verzeichnen (Vorjahr: 26 Mrd. US-Dollar). Das Volumen der angekündigten Transaktionen und Fusionen ist allerdings um ein Vielfaches höher: es beläuft sich auf 131 Mrd. US-Dollar – mehr als eine Verdopplung des Halbjahreswertes 2015.
Vir Lakshman: „Der Konsolidierungstrend der Branche hält an, insbesondere im Bereich der Agrochemie. Deutsche Firmen sind hieran maßgeblich beteiligt und schärfen ihre Portfolios mit Zukäufen von US-Unternehmen.“
Bayers Barangebot an den US-Saatgutspezialisten Monsanto im Wert von 62 Mrd. US-Dollar stellt nicht nur die größte angekündigte Transaktion des ersten Halbjahres 2016 in der Chemiebranche dar, sondern auch die potenziell größte ‚all cash‘-Akquisition überhaupt. Mit der Übernahme strebt Bayer unter anderem die Weltmarktführerschaft in den Bereichen Pflanzenschutz und Saatgut an. Im ersten Halbjahr 2016 hat außerdem ChemChina die 43 Mrd. US-Dollar-Akquisition des Agrochemieunternehmens Syngenta angekündigt. Zudem steht die im vergangenen Jahrangekündigte Fusion von Dow und DuPont für 62 Mrd. US-Dollar ebenfalls noch aus.
Deutsche Unternehmen investieren in Spezialchemie
Auch außerhalb des Agrochemiemarktes investieren deutsche Chemiekonzerne Milliarden in Unternehmen der Spezialchemie. Evonik übernahm im Mai große Teile des Spezialchemiegeschäfts des US-Gasproduzenten Air Products für 3,8 Mrd. US-Dollar – der größte Deal in der Geschichte von Evonik. Der Essener Konzern sicherte sich dadurch nicht nur die Marktführerschaft in Nordamerika, sondern kommt damit auch dem Unternehmensziel näher, bis 2018 den Umsatz auf 18 Mrd. Euro zu steigern. Zudem erwarb die BASF den Lackspezialisten Chemetall, Teil der Albermale Gruppe, für 3,2 Mrd. US-Dollar und ergänzt damit seine eigene Lacksparte mit Expertise in der Oberflächenbehandlung.
Vir Lakshman: „Wie bereits Anfang des Jahres erwartet, fokussieren sich Chemieunternehmen derzeit vor allem auf die margenstarke Spezialchemie, ein Geschäftsfeld mit hohen Eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber.“