Poröse kristalline Materialien: Forscher zeigt Methode zum gezielten Wachstum

Mikroporöse Kristalle bergen große Potentiale für die funktionalen Materialien der Zukunft

08.12.2016 - Österreich

„Metal-organic frameworks“ (MOFs) genannte poröse Kristalle bestehen aus metallischen Knotenpunkten mit organischen Molekülen als Verbindungselemente. Dank ihrer hohen Porosität besitzen MOFs eine extrem große Oberfläche: Ein Teelöffel MOFs hat die gleiche Oberfläche wie ein Fußballfeld. Diese unzähligen Poren auf kleinstem Raum bieten Platz für „Gäste“ und können beispielsweise in der Gasspeicherung oder bei der chemischen Stofftrennung als „molekulare Tore“ nützlich sein.

© Nature Materials 2016 Falcaro et.al.

Einem Team um Paolo Falcaro von der TU Graz ist es erstmals gelungen, poröse Kristalline, MOFs genannt, auf einer vergleichsweise großen Fläche von einem Quadratzentimenter mit präzischer Anordnung und Ausrichtung wachsen zu lassen. Im Bild: eine Detailaufnahme der MOF-Folie.

In MOFs schlummert aber ein viel größeres Potential, das Paolo Falcaro vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der TU Graz wecken will: „MOFs entstehen durch Selbstorganisation. Wir müssen nicht viel mehr tun, als die Komponenten zu mischen, und die Kristalle wachsen von selbst. Die Anordnung und Ausrichtung der Kristalle und damit der Poren geschieht dabei zufällig. Wir können dieses Wachstum nun kontrollieren, und damit MOFs für den multifunktionalen Einsatz in der Mikroelektronik, Optik, Sensorik und Biotechnologie weiter erforschen.“

In der aktuellen Ausgabe von Nature Materials zeigen Paolo Falcaro und Masahide Takahashi von der Osaka Prefecture University in Japan gemeinsam mit australischen Kollegen der University of Adelaide, der Monash University und der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) eine Methode, MOFs auf einer vergleichsweise großen Fläche von einem Quadratzentimeter schnell und in kontrollierter Anordnung und Ausrichtung wachsen zu lassen.

Richtungsabhängige Eigenschaften

Der große Vorteil von präzise angeordneten Kristallen in MOFs sorgt bei Materialforschern für Begeisterung: In die Poren der Kristalle lassen sich funktionale Materialien einschleusen und so anisotrope, also richtungsabhängige Eigenschaften generieren. In der Nature-Publikation zeigen die Autoren rund um Falcaro, wie sich die gezielt synthetisierte MOF-Folie in Verbindung mit fluoreszierender Farbe verhält: Rein durch die Drehung der Folie ist das fluoreszierende Signal entweder „ein“ oder „aus“ und es entsteht ein optisch aktiver Schalter.

Paolo Falcaro dazu: „Das hat viele denkbare Anwendungen. Ein und dasselbe Material kann durch unterschiedliche Anordnung und Ausrichtung der Kristalle unterschiedliche Eigenschaften bekommen. Das gezielte Wachstum von MOFs in dieser Größenordnung erschließt eine Reihe von vielversprechenden Möglichkeiten, die wir jetzt Schritt für Schritt erkunden werden“.

Enzyme beschützen

Ein großes Ziel von Paolo Falcaro und seinem Team an der TU Graz ist die Erschließung von MOFs für biotechnologische Anwendungen: „Wir versuchen, Enzyme, Protein oder auch DNA in den Poren der MOFs einzukapseln und ihre Aktivität gegen Temperaturschwankungen zu immunisieren. Die kristalline Struktur rund um den ‚Gast‘ in der Pore wirkt beschützend wie eine robuste Jacke. Hier wollen wir die Möglichkeiten noch genauer ausloten“, erklärt Falcaro.

Paolo Falcaro: Leuchtende Fingerabdrücke

Der im italienischen Padua geborene Paolo Falcaro befasst sich schon länger intensiv mit der Synthese, Herstellung und Anordnung von porösen kristallinen Materialien. Vor zwei Jahren ist es ihm gemeinsam mit Kollegen aus Australien etwa gelungen, unsichtbare Fingerabdrücke im UV-Licht leuchten zu lassen, und zwar durch einen Tropfen Flüssigkeit mit MOF-Kristallen. Diese neue forensische Methode ist schnell und breit einsetzbar und damit eine Alternative zur bisherigen Fingerabdrucksuche.

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