Natrium und Magnesium statt Lithium für Akkus

Wissenschaftler wollen Alternativen zur Lithiumionen-Batterie entwickeln

03.05.2017 - Schweiz

Ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördertes Projekt erforscht neue Materialien für wiederaufladbare Batterien, die langfristig die heutigen Lithiumionen-Akkus ersetzen sollen. Denn diese haben ein paar gewichtige Nachteile: Lithium ist ein begrenzt verfügbarer Rohstoff und birgt Sicherheitsrisiken, die mit der Verwendung brennbarer flüssiger Bestandteile in der Batterie verbunden sind. In Einzelfällen kam es zu explodierenden Smartphones.

Pexels, pixabay.com, CC0

Symbolbild

Die jüngsten Forschungsarbeiten unter der Leitung von Arndt Remhof von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa belegen, dass Natrium und Magnesium für die Entwicklung neuer, reiner Feststofftechnologien geeignet sind. Sein Team hat Testzellen basierend auf den beiden Metallen entwickelt.

Neues Batteriematerial

Für die von den Schweizer Wissenschaftlern konzipierten Speicherzellen werden so genannte Festelektrolyte (nicht die bekannten Flüssigelektrolyte) eingesetzt. Dies ist äusserst anspruchsvoll, denn die Ionen – ob Lithium, Natrium oder Magnesium – müssen sich in diesem festen Umfeld bewegen können. Indem die (positiv geladenen) Ionen im Akku von einem Pol zum anderen wandern, ermöglichen sie die Bewegung der (negativ geladenen) Elektronen und erzeugen somit Strom.

Um die Mobilität der Ionen zu gewährleisten, entwickelten die Forschenden feste Elektrolyten, die eine kristalline chemische Struktur aufweisen. Als das Team um Arndt Remhof Lithium durch die Metalle Natrium bzw. Magnesium ersetzte, musste es diese Kristallstruktur komplett überarbeiten sowie auf neue Verbindungen und Herstellungsverfahren zurückgreifen.

"Ich vergleiche unsere Arbeit gerne mit der eines Fussballtrainers", sagt Arndt Remhof. "Auch die besten Spieler können nichts ausrichten, wenn die ‹Chemie› nicht stimmt!"

Natrium ist billig

Arndt Remhof und sein Team entwickelten einen Festelektrolyten, der die Mobilität der Natriumionen ab 20 Grad Celsius gewährleistet. Dieser Aspekt ist von zentraler Bedeutung: Ionen brauchen Wärme, um wandern zu können. Diese Reaktion bereits bei Raumtemperatur auszulösen, ist eine enorme technische Herausforderung. Der Elektrolyt ist zudem nicht brennbar und bleibt bis 300 Grad chemisch stabil, was ihn besonders sicher macht.(*) An der Universität Genf hat das Team um Hans Hagemann parallel dazu eine preiswertere Technik für die Herstellung des neuen Festelektrolyten entwickelt.(**)

Als eine der beiden Komponenten von Kochsalz ist Natrium – im Gegensatz zu Lithium – nahezu unbegrenzt verfügbar. "Die Verfügbarkeit ist unser stichhaltigstes Argument", sagt der Erstautor der Forschungsarbeit, Léo Duchêne von der Empa. Allerdings speichert Natrium bei gleichem Gewicht weniger Energie als Lithium. Es dient daher als ideale Alternative, wenn die Grösse des Speichermediums für die Anwendung unerheblich ist."

Magnesium ist ideal, aber komplex

Das gleiche Team hat auch einen Festelektrolyten für Magnesium entwickelt.(***) Die bisherigen Forschungsprojekte auf diesem Gebiet lassen sich an einer Hand abzählen. Magnesium in Bewegung zu versetzen, ist schwierig, aber umso interessanter: Es ist leicht, in grossen Mengen verfügbar und kann nicht explodieren. Was noch wichtiger ist: Magnesiumionen sind zweifach positiv geladen, Lithiumionen dagegen nur einfach. In der Praxis bedeutet das, dass Magnesium bei gleichem Volumen fast die doppelte Energiemenge speichern kann.

Einige der getesteten Elektrolyte haben Magnesiumionen bereits in Bewegung versetzt, allerdings erst bei Temperaturen über 400 Grad. Der Elektrolyt der Schweizer Forschenden erreicht eine vergleichbare Leitfähigkeit bereits bei 70 Grad. "Bei dieser Pionierarbeit geht es um den Machbarkeitsnachweis", sagt die Versuchsleiterin Elsa Roedern von der Empa. "Von einem kompletten, funktionstüchtigen Prototypen sind wir noch weit entfernt, aber wir haben einen ersten, wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht."

Am Projekt Novel Ionic Conductors arbeiten Forschende der Empa zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Genf, des Paul Scherrer Instituts und des polnischen Henryk Niewodniczański Instituts für Nuklearphysik. Finanziert wird das Projekt seit 2015 vom SNF im Rahmen des Programms Sinergia, das gemeinschaftliche und fachgebietsübergreifende Forschungsprojekte unterstützt. "Dass wir diese Ergebnisse in nur knapp zwei Jahren erzielen konnten, ist ziemlich aussergewöhnlich!" sagt Arndt Remhof.

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