Wie sich das Wasser in der Umgebung von gelösten Molekülen verhält
Die Ergebnisse veröffentlichte Prof. Dr. Martina Havenith, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II und Sprecherin des Exzellenzclusters Resolv, mit Dr. Fabian Böhm und Dr. Gerhard Schwaab in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“.
Methode jetzt in Echtzeit anwendbar
Fundamentale biologische Prozesse wie enzymatische Reaktionen oder auch das Andocken eines Medikaments an seinen Interaktionspartner finden in wässrigen Lösungen statt – aber nur, wenn sich die Reaktionspartner im Lösungsmittel erkennen. Die für die Erkennung notwendigen Prozesse lassen sich mit der Kalorimetrie messen. Die Methode bestimmt unter anderem Enthalpie und Entropie, welche Maße für den Wärmetransfer und die Unordnung im System sind.
Die Kalorimetrie ist eine etablierte Technik, die Wärmemengen misst. Sie erlaubt Analysen auf Zeitskalen von 1 bis 100 Sekunden. Spektroskopische Verfahren, die auf Lichtpulsen basieren, ermöglichen Messungen im Bereich von einer Millionstel oder einer Milliardstel Sekunde. Die Bochumer Chemiker verbanden diese Ansätze miteinander.
„Mit der Realisierung eines Terahertz-Kalorimeters haben wir das erste Ziel umgesetzt, das wir uns für die Verwendung der Mittel aus dem Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats vorgenommen hatten“, so Martina Havenith. 2016 hatte sie den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Grant eingeworben.
Struktur von Wasserhüllen bestimmen
Um jedes gelöste Molekül bildet sich eine Hülle aus umgebenden Wassermolekülen, die Hydrathülle. Das gelöste Molekül stört das regelmäßige Netzwerk aus Wasserstoffbrücken zwischen den Wassermolekülen, sodass sich das Wasser in der Hydrathülle anders verhält als das freie Wasser. Die Struktur der Hydrathülle hängt dabei von der Form und der chemischen Zusammensetzung des gelösten Moleküls ab.
Haveniths Team untersuchte die Hydrathülle von fünf verschieden großen Alkoholen und konnte mithilfe der Terahertz-Kalorimetrie unterschiedlich strukturierte Hüllen klassifizieren. Für die neue Technik kommen Lichtpulse mit einer Wellenlänge knapp unter einem Millimeter zum Einsatz. Die Belichtung mit Terahertz-Pulsen liefert Fingerabdrücke der Schwingungen innerhalb des Wassernetzwerks. Daraus wiederum können die Forscher auf Änderungen der Entropie und Enthalpie zurückschließen.
„Die Methode ermöglicht es erstmals, Parameter wie Entropie und Enthalpie, die für die molekulare Erkennung entscheidend sind, direkt aus spektroskopischen Daten im Terahertz-Bereich auszulesen“, resümiert Havenith.
Originalveröffentlichung
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