Mikrowellenradiometer wird jetzt nach Grönland verschifft

07.05.2003

Nach zweijähriger Entwicklungszeit ist unter Federführung Bremer Wissenschaftler vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen ein Mikrowellenradiometer entwickelt worden, um die stratosphärische Ozonschicht in der Arktis langfristig zu beobachten. Die gemessenen Daten sollen dazu beitragen, den Ab- oder Aufbau der Ozonschicht über dem Nordpol zu prognostizieren. Das neue Messgerät kommt in Grönland zum Einsatz und wird am 30. Mai 2003 - nach einer kleinen Abschiedsparty in Bremen am 28. Mai - in Bremerhaven verschifft. Das Verpacken des Gerätes beginnt am Montag, den 12. Mai.

Im Rahmen des von der Europäischen Union finanzierten Forschungsprojektes "Radiometer for Atmospheric Measurement At Summit" (RAMAS) hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Professoren Klaus Künzi und Justus Notholt vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen zusammen mit Partnern aus Frankreich, Dänemark und England dieses Mikrowellenradiometer entwickelt. Das Gerät wird in der Mitte des grönländischen Inlandeises auf der amerikanischen Forschungsstation Summit eingesetzt. Dort soll es Langzeitmessreihen der Ozonkonzentration und anderer, für den Ozonzyklus relevanter Spurengase liefern. Die amerikanische Messstation Summit ist für das RAMAS-Messgerät besonders gut geeignet, da sie sich auf einer Höhe von etwa 3000 Metern über dem Meeresspiegel befindet. So behindert nur sehr wenig Wasserdampf in der unteren Atmosphäre die schwachen Signale aus der Stratosphäre.

Auf der Summit-Station werden gegenwärtig verschiedene Forschungsprojekte von internationalen Teams durchgeführt. Dazu gehören sowohl chemische und physikalische Messungen von Schnee, Eis und Atmosphäre als auch seismologische Messungen. Nach der Installation und Inbetriebnahme des Messgerätes auf Grönland im Sommer 2003 unter der Projektleitung von Dr. Nicole Buschmann wird der Diplom-Physiker Axel Kleindienst im Rahmen seiner Doktorarbeit auf Summit überwintern, um kontinuierlich Messungen durchzuführen und Tests und Verbesserungen an dem Instrument vorzunehmen. Ab dem Sommer 2004 sind vollautomatische Langzeitmessungen geplant, die von Bremen aus gesteuert und abgerufen werden können.

Die stratosphärische Ozonschicht ist für das Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung, da in ihr die für Lebewesen schädliche ultraviolette Strahlung der Sonne absorbiert wird. Seit der Entdeckung des antarktischen Ozonlochs in den 80-er Jahren wurden zunehmend auch Untersuchungen der arktischen Ozonschicht durchgeführt, deren Schutz und Erhaltung für das Leben in Europa und Nordamerika von besonderer Bedeutung ist. Das Schwinden der Ozonkonzentration an den Polen konnte sehr bald auf die Emission von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) zurückgeführt werden, deren Verwendung als Treib- und Kühlmittel seit den 90-er Jahren weitgehend verboten wurde. Trotz der weltweiten Reduzierungen ist mit einer Erholung der Ozonschicht erst in 20-40 Jahren zu rechnen. Die Berechnung zuverlässiger Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Ozonschicht erfordert eine langfristige Beobachtung der Stratosphäre und ihrer Spurengase. Genau diese Aufgabe soll das Bremer Messgerät mit erfüllen.

Das Prinzip der Mikrowellenradiometrie basiert auf der Messung thermaler Strahlung, die atmosphärische Gasmoleküle durch Rotationsbewegungen emittieren. Aufgrund ihrer Frequenzabhängigkeit lässt sich die gemessene Strahlung eindeutig den jeweiligen Spurengasen zuordnen. Zusammen mit Druck- und Temperaturprofilen ist es dadurch möglich, in einem Höhenbereich von 15-45 Kilometern die Konzentration dieser Spurengase mit einer Auflösung von etwa acht Kilometern zu bestimmen.

Besonders interessiert sind die Wissenschaftler dabei neben Ozon (O3) an weiteren Spurengasen, die über chemische Reaktionen an den jahreszeitlichen Schwankungen der Ozonkonzentration in der Stratosphäre beteiligt sind. Dazu gehören zum Beispiel Chlormonoxid (ClO) , Stickstoffoxid (N2O), Blausäure (HCN) und Salpetersäure (HNO3). Durch die langfristige gleichzeitige Messung dieser Spurengase erhoffen sich die Umweltforscher weitere Erkenntnisse über die Auf- und Abbauprozesse der Ozonschicht, die dann in Rechenmodellen berücksichtigt werden und somit Prognosen über die zukünftige Entwicklung der polaren Ozonschicht liefern können.

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