Forschern gelingt Nachweis von Wasserdimeren in der Atmosphäre

Theoretische Arbeiten beschreiben die Rolle der Wasserdimere für die Chemie der Atmosphäre, für die Wolkenbildung und für die Photochemie von Luftschadstoffen

30.06.2003

Umweltforscher der Universität Heidelberg berichten in der neuesten Ausgabe von "Science" von dem erstmaligen Nachweis so genannter Wasserdimere in der Atmosphäre. Wasserdimere sind gebundende Zustände zweier Wassermoleküle (K. Pfeilsticker, A. Lotter, C. Peters, and H. Bösch, Atmospheric Detection of Water Dimer Via Near-Infrared Absorption, Science, Der optische Nachweis der Wasserdimere in der Atmosphäre gelang den Heidelberger Forschern auf einer 18,34 km langen und etwa vier Meter über die Nordsee geführten Lichtstrecke, die sie im Mai 2002 von Dagebüll zur Insel Langeness (Schleswig-Holstein) eingerichtet hatten. Der komplizierte und schon mehrfach vergeblich versuchte atmosphärische Nachweis von Wasserdimeren gelang den Wissenschaftlern mit Hilfe der Differentiellen Optischen Absorption- Spektroskopie (DOAS), an deren Entwicklung die Arbeitsgruppe am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg maßgeblich beteiligt ist. Ihre Entdeckung steht weitgehend im Einklang mit theoretischen Vorhersagen amerikanischer und neuseeländischer Kollegen über den Bildungsmechanismus und die optischen Eigenschaften der Wasserdimere. Diese Forschungsarbeiten zeigen, dass in der Atmosphäre etwa ein halbes Prozent aller Wassermoleküle ein weiteres Wassermolekül an sich gebunden haben.

Die Entdeckung von atmosphärischen Wasserdimeren stellt einen bedeutenden Schritt dar zur Lösung des seit Menschheitsgedenken bestehenden Problems der Natur der anziehenden Kräfte von Wassermolekülen. Diese Kräfte sind für das aus naturwissenschaftlicher Sicht erstaunliche Vorkommen von flüssigem Wasser und Eis auf der Erde und möglicherweise auch auf dem Planeten Mars verantwortlich. Auch vermuten Astronomen seit langem, dass Wasserdimere in Kometenschweifen und im Kern unserer Galaxie vorkommen, eine Möglichkeit, die nun leichter mit astronomischen Teleskopen überprüft werden kann.

Mehrere gebundene Wassermoleküle, so genannte Wassercluster, spielen auch eine maßgebliche Rolle in der katalytischen Wirkung von Oberflächen bei chemischen Reaktionen, in der Nanotechnologie sowie möglicherweise in der Krebsforschung.

Besonders auch in der Umweltforschung haben Wasserdimere eine sehr praktische Bedeutungen. So waren die Heidelberger Umweltforscher bei ihrer Suche nach einer verbesserten Erklärung der bisher nur mangelhaft verstandenen atmosphärischen Absorption von Sonnen- und Wärmestrahlung auf die klimatische Bedeutung von Wasserclustern gestoßen. Mit ihrem atmosphärischen Nachweis haben die Heidelberger Forscher nun gezeigt, dass Wasserdimere ein wichtiges, jedoch natürlich vorkommendes Treibhausgas sind. So werden für die jüngste Erwärmung der Erdatmosphäre durch menschliche Aktivitäten emittierte Treibhausgase, wie zum Beispiel Kohlendioxid oder Methan, verantwortlich gemacht. Weiterhin zeigen theoretische Arbeiten amerikanischer Kollegen, dass die Clusterbildung von Wassermolekülen die Kondensation von Wasser in der Atmosphäre, d.h. die Wolkenbildung stimuliert. Die Dimerisation von Wassermolekülen stellt somit den ersten Schritt im Phasenübergang von gasförmigen zu flüssigem Wasser oder Eis dar. Auch ist aus Laboruntersuchungen bekannt, dass Wasserdimere in sehr komplizierter Weise in den atmosphärischen Abbau von Luftschadstoffen eingreifen können.

Derzeit führen die Heidelberger Forscher des Instituts für Umweltphysik weitere optische Messungen atmosphärischer Wasserdimere in der französischen Bretagne durch. Zukünftig wollen sie auch in den Tropen wegen der dort vorherrschenden hohen absoluten Luftfeuchtigkeit messen. Eine hohe Luftfeuchtigkeit ist der entscheidende Faktor, der die Bildung von Wasserdimeren in der Atmosphäre stark begünstigt. Diese Messungen zielen vornehmlich auf eine verbesserte Charakterisierung der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Wasserdimere, eine wichtige Vorraussetzung, um ihre volle Bedeutung in der Natur zu verstehen.

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