Titandioxid-Sandwich unter die Dunstabzugshaube bringen

Chemiker der Universität Jena wollen Gerüche mit fotokatalytischen Verfahren bekämpfen

29.07.2003

Chemie ist das, was pufft und stinkt, heißt es landläufig. Die chemischen Experimente, die Dr. Susann Meyer in den letzten zweieinhalb Jahren durchgeführt hat, könnten jedoch zukünftig dazu dienen, Gestank zu vermindern. In ihrer Promotionsarbeit testete und optimierte die Chemikerin von der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Voraussetzungen für fotokatalytische Reinigungsprozesse. Ein renommierter Schweizer Ausrüster für Großküchen hat jetzt sein Interesse bekundet, die neue Technologie in seinen Küchenabzugshauben einzusetzen. Die 26-jährige Chemikerin, die am Institut für technische Chemie und Umweltchemie arbeitet, hat kürzlich ihre Dissertation zum Thema "Plasmachemische Beschichtung: Eine Methode zur Herstellung substratunabhängiger photokatalytisch aktiver Titandioxid-Schichten" vorgelegt. Die im Rahmen eines durch das Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Projektes angefertigten Arbeit wurde kürzlich mit dem höchsten Prädikat "summa cum laude" bewertet.

In der Arbeit geht es - um im Küchenjargon zu bleiben - um Metall- oder Keramik-Toastscheiben, die in einem komplizierten chemischen Prozess mit Titan- und Titandioxidschichten belegt werden. Regt man die oberste Schicht dieses Sandwichs, nämlich das Titandioxid, mit UV-Licht an, wird ein katalytischer Reaktionsprozess in Gang gesetzt. Dieser zerstört Geruchsträger aber auch beliebige andere ungewollte Verbindungen, die in flüssiger oder fester Phase am angeregten Titandioxid-Belag vorbeigeleitet werden. Nun rückt man unliebsamen Küchendunst auch heute schon beispielsweise mit Aktivkohlefiltern zu Leibe. "Die müssen aber häufig ausgetauscht werden", nennt Susann Meyer einen Nachteil. "Bei anderen gängigen Verfahren wird mit dem problematischen UVC-Licht gearbeitet und es entsteht Ozon als Nebenprodukt des fotokatalytischen Prozesses", ergänzt ihr Doktorvater Prof. Dr. Günter Kreisel.

Bei der in Jena entwickelten Variante kommt man mit dem weniger schädlichen UVA- Licht aus, das z.B. in Diskolampen eingesetzt wird und neuerdings sogar durch Halbleiterdioden erzeugt werden kann. "Mit dem Titandioxid setzen wir eine ungiftige, preiswerte und chemisch träge Substanz ein, die wir ganz kontrolliert zur Reaktion anregen können", zählt Meyer die Vorteile auf. Die Substanz ist überall im Alltag zu finden, zum Beispiel als Weißmacher in Zahnpasta oder in Sonnenschutzprodukten ab Lichtschutzfaktor 10.

Titandioxidschicht gezielt wachsen lassen

Für ihre fotokatalytischen Reaktionen mussten die Jenaer Chemiker das Titandioxid jedoch in einer dünnen kristallinen Schicht bändigen. Ihr Ziel war es, Titandioxid-Schichten definierter Dicke auf unterschiedlichen Ausgangsmaterialien zu erzeugen. "Das geht jedoch nur, wenn auf dem gewünschten Trägermaterial schon eine hauchdünne Titanschicht als Reaktionsbasis vorhanden ist", erklärt Prof. Kreisel, der seit vielen Jahren auf dem Gebiet forscht. Das Problem, Titan auf Metalle oder Keramiken aufzubringen, löste ein Industriepartner für ihn. PVD (Physical Vapour Deposition) heißt das Schlagwort für Eingeweihte. Kreisels Team arbeitete seinerseits daran, das "Sandwich" in einer kontrollierten elektrochemischen Reaktion mit dem Titandioxid "zu belegen". Dazu kommt das Ausgangswerkstück in ein Elektrolysebad, in dem eine Titanverbindung gelöst ist. Unter hohen Spannungen von 150 Volt vollzieht sich an der Titanmutterschicht die Reaktion, kristallines Titandioxid lagert sich an. "Das Knattern der ,plasma-artigen' Entladungen an der Reaktionsoberfläche kann man sogar hören", sagt Susann Meyer. Die Analyse, Charakterisierung und Quantifizierung dieses Prozesses brachte ihr den Doktorhut ein. Für den Einsatz in Dunstabzugshauben beschichtete die Chemikerin der Uni Jena letztendlich netzartige Aluminiumstreckmetalle mit Titandioxid.

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