Westfalen AG: Fertigung und Analytik von Reinstgasen oberhalb der Qualität 6.0

29.06.2001

Technische Gase werden heute in Reinheiten zwischen 95 und 99,9 Volumenprozent hergestellt - hundertprozentige Reinheit lässt sich bisher nicht erzeugen. Bei einer ganzen Reihe von Gasen, so bei Sauerstoff, Stickstoff und Argon werden allerdings bereits Reinheiten zwischen 99,9 und 99,99999 Volumenprozent erreicht. Das entspricht Qualitäten von 3.0 bis 7.0. Je weiter die Entwicklung in der instrumentellen Analytik fortschreitet, desto niedriger werden die Nachweisgrenzen von Verunreinigungen - bei den Reinstgasen ist man inzwischen im ppt-Bereich (parts per trillion; d. h. 10-9 Volumenprozent) angelangt. So werden bei speziellen Massenspektrometern, die unter Atmosphärendruck arbeiten, buchstäblich die Moleküle einzeln abgezählt.

Bei der Herstellung von Wasserstoff, Helium und den Luftgasen Stickstoff, Argon und Sauerstoff sind meist aufwändige Reinigungsschritte in die Produktion integriert oder dieser nachgeschaltet, um die begehrten Reinheiten zu erzielen. So auch in der Wasserstoffproduktionsanlage der Westfalen AG, Münster, in Salzbergen, wo Wasserstoff durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen wird. Dort reinigt man das Gas unmittelbar nach der Produktion mit Hilfe einer PSA (Pressure Swing Adsorption) -Anlage.

Auch der Transport stellt ein ständiges Verunreinigungs-Risiko für die hochreinen Gase dar, weil in Rohren, Schläuchen und Ventilen, aber auch in Stahlflaschen und Tankwagen unerwünschte Fremdstoffe lauern können.

In den Luftzerlegungsanlagen der Westfalen AG in Hörstel (bei Münster) und demnächst in Laichingen (bei Ulm), wo Luftgase mit Qualitäten über 6.0 nach dem Niederdruckverfahren erzeugt und anschließend tiefkalt in Flüssigtanks gelagert werden, bestehen die Rohrleitungen zu allen Füllständen deshalb ausschließlich aus Edelstahl, auch die Verschraubungs- und Dichtungstechnik ist speziell für Gasereinheiten über 6.0 ausgelegt. Bei Flüssiglieferungen werden Rohrleitungen und Tankwagen, bei gasförmigen Lieferungen sämtliche Flaschen per Drucklastwechselspülung aufwändig gereinigt. Positiv auf die Reinheit der Luftgase wirkt sich in Hörstel die räumliche Nähe von Luftzerlegungsanlage und Sondergasezentrum aus: Unnötige Transportwege und Umfüllvorgänge werden dadurch vermieden.

Nach der Produktion muss die Qualität des Gases gemäß der Spezifikation, die die maximal zulässigen Verunreinigungen festlegt, überprüft werden. Bei gasförmigen Lieferungen werden in der Regel alle produzierten Flaschen analysiert und zertifiziert, bei flüssigen Gasen erfolgt das je nach Kundenanforderung.

Da bei einer Gasequalität über 6.0 die Verunreinigungen weniger als ein ppm betragen dürfen, müssen die Messgeräte zuverlässige Ergebnisse im ppb- und ppt-Bereich liefern. Deshalb werden im Sondergaselabor Hörstel der Westfalen AG modernste Analyseverfahren eingesetzt: Sauerstoff wird mit elektrochemischen Sensoren nachgewiesen, Feuchte mit Taupunktspiegeln, Kohlenwasserstoffe mit Flammen-Ionisations-Detektoren, Fluorkohlenwasserstoffe mit Elektronen-Einfang-Dektektoren und Stickstoff-Mehrkomponentengase mit Helium-Ionisations-Detektoren. Da die Spezifikationen für jedes einzelne Gas viele Verunreinigungskomponenten umfassen, die auch einzeln geprüft werden müssen, ist der analytische Aufwand für Qualitäten über 6.0 enorm groß.

Es ist also kaum verwunderlich, dass aufgrund des hohen technischen Aufwands für Produktions-, Nachreinigungs- und Analysentechnik diese Reinstgase vergleichsweise teuer sind. Eine umfassende Beratung durch Fachleute sollte deshalb sicherstellen, welche Qualität im Einzelfall wirklich notwendig ist. Für zahlreiche Anwendungen reichen Gase unterhalb der 6.0-Qualität völlig aus; in der Halbleiterindustrie, Kerntechnik und Analytik sind die hochreinen Gase allerdings unverzichtbar und ihre Bedeutung wird wohl noch weiter zunehmen.

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