Ionenstrahlen bohren Nano-Löcher

07.09.2004

Wissenschaftlern im Forschungszentrum Rossendorf (FZR) in Dresden ist es gelungen, mit einem sehr fein gebündelten Ionenstrahl ein besonders kleines Loch in die winzige Spitze eines Rasterkraftmikroskops zu bohren. Mit dieser "Lochblende" sollen dann einzelne Ionen (geladene Teilchen) gezielt auf eine Materialoberfläche gelenkt werden. So könnten einzelne Atome eines beliebigen chemischen Elements nanometergenau in einem Material vergraben ("implantiert") werden, wodurch sich die physikalischen Eigenschaften des Materials verändern lassen. Das Gemeinschaftsprojekt mit der Ruhr-Universität Bochum sowie der Universität Kassel ist ein wesentlicher Beitrag zur Grundlagenforschung für den Quantencomputer der Zukunft.

Materialien auf atomarer Ebene gezielt bearbeiten und verändern zu können, ist ein lange gehegter Wunsch vieler Naturwissenschaftler. Derartige Nano-Technologien unterscheiden sich von herkömmlichen Technologien neben der Miniaturisierung auch dadurch, dass bei Nano-Strukturen neue physikalische Wirkprinzipien, die so genannten Quanteneffekte, auftreten. Die revolutionären und heute teilweise schon Realität gewordenen Technologien auf der Nanometerskala führen zu noch kleineren Bauelemente, Quantenbauelemente genannt, mit denen u. a. schnellere elektronische Bauelemente oder neue Sensoren entwickelt werden können. Zugleich eröffnen sie aber auch neue Möglichkeiten in Gebieten wie etwa der Optik oder der Medizintechnik.

Ein ideales Instrument zur Untersuchung und Entwicklung von Nano-Technologien ist der fokussierte Ionenstrahl. Dies ist ein stark gebündelter Strahl geladener und beschleunigter Atome. Hierfür werden im FZR beispielsweise Ionen der Elemente Kobalt, Gold, Gallium oder Silizium benutzt, auf einen Strahldurchmesser von etwa 20-50 Nanometer (nm) gebündelt und wenige Nanometer bis einige 100 Nanometer in das Probenmaterial geschossen (ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter, also dem 50 Tausendstel eines Haardurchmessers oder vier bis fünf aneinander gereihten Atomen). Damit ein beliebiger Ionenstrahl Modifikationen in der Größe von nur einem einzigen Atom in einem Material erzeugen kann - in der Fachsprache heißt der Vorgang "Einzel-Atom-Dotierung" - bedarf es eines besonderen technologischen Kniffs. Dieser besteht in der Verwendung einer "Lochblende", die in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Kassel hergestellt wurde. Ausgangsmaterial hierfür ist die winzig-kleine Spitze eines Rasterkraftmikroskops.

In die pyramidenförmige Spitze aus Siliziumnitrid mit einem Radius von ca. 100 nm wurde mit dem fokussierten Ionenstrahl ein Loch von 50 nm gebohrt. Die derartig präparierte Spitze wird neben ihrer Funktion als Nano-Lochblende gleichzeitig auch zur Bestimmung der Position der Einzel-Atom-Dotierung mit Hilfe des Rasterkraftmikroskop-Prinzips genutzt. Zur Bearbeitung von Fragestellungen der Nano-Technologie mit verschieden Ionen in der geforderten Präzision müssen alle Komponenten des Systems optimal eingestellt und abgestimmt sein. "Viel Arbeit ist in den letzten Jahren allein in die Entwicklung neuer Ionenquellen geflossen, aber auch in die Verbesserung und Stabilisierung aller prozessrelevanten Parameter", sagt Lothar Bischoff. Er fügt hinzu: "Gruppen in den USA, in Japan und in Deutschland arbeiten auch mit dem fokussierten Ionenstrahl, doch sie können als Ionensorte vornehmlich nur Gallium einsetzen. Unser Vorsprung besteht in der Vielfalt der chemischen Elemente, mit denen wir arbeiten, sowie in den umfangreichen technologischen Optionen, die in die Anlage im FZR integriert wurden, wie z.B. Kühlung oder Heizung des Probenmaterials, Kompensation von Oberflächenladungen und die hochpräzise Probentischbewegung." So gibt es viele Nano-Anwendungen, an denen derzeit im Rossendorfer Ionenstrahlzentrum geforscht wird.

Dr. Bernd Schmidt, der zuständige Abteilungsleiter, greift eines von vielen Beispielen heraus und erläutert: "Wir können Nano-Drähte mit Hilfe des fokussierten Ionenstrahls herstellen. Dazu dotieren wir beispielsweise eine Silizium-Scheibe mit Kobaltionen. Wenn das Material anschließend aufgeheizt wird, wachsen die einzelnen Atome im Material vergraben zu einem Nano-Draht zusammen. Das Ergebnis sind Nano-Bauelemente, die nicht außerhalb, sondern tatsächlich schon im gewünschten Material hergestellt werden und somit leicht in mikroelektronische Schaltkreise integriert werden können. Das ist ein immenser Vorteil unserer Herangehensweise." In den nächsten Jahren soll gerade zu diesem Thema der Nano-Elektronik dank der Projektfinanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und in Kooperation mit regionalen Partnern aus der Elektronikindustrie intensiv geforscht werden. Jedoch spielen auch Forschungen zur Nano-Optik und zum Nano-Magnetismus eine wichtige Rolle im Rossendorfer Ionenstrahlzentrum.

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