Vorstoß ins Unbekannte - Einsatz des Free Electron Lasers

Max-Planck-Physiker in Heidelberg starten Experimente mit ultrakurz gepulsten Laserstrahlen am "Free Electron Laser" (FEL) in Hamburg

14.03.2005

Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen ultrakurz gepulsten Laserstrahlen, die in naher Zukunft Energien im Röntgenbereich erreichen sollen, und den kleinsten Bausteinen unserer Welt, wie einzelnen Atomen, Molekülen oder Ionen? Dieser Frage gehen ab diesem Mai Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg in Kooperation mit dem Fritz-Haber-Institut in Berlin, dem Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden, dem Weizmann-Institut in Rehovot (Israel), der Universität Frankfurt, der Universität Freiburg sowie dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, ein Institut der Helmholtz-Gemeinschaft, gemeinsam nach. In einer ersten Serie von Experimenten an dem auf einem Linearbeschleuniger für Elektronen beruhenden "Free Electron Laser" (FEL) am DESY in Hamburg, einer weltweit einmaligen Lichtquelle, wollen die Laserphysiker zunächst mithilfe grundlegender Experimente ausloten, welche Möglichkeiten die Lichtquelle für die zukünftige Forschung eröffnet. Sicher ist bereits jetzt: Sie werden in ihrem Projekt MIDFEL (Max-Planck-Initiative DESY FEL) mit dem neuen Laser in bisher völlig unbekannte Dimensionen der Strahlungs-Materie-Wechselwirkung vorstoßen.

Der neue, am DESY in Hamburg aufgebaute "Free Electron Laser" (FEL) verspricht einen große Fortschritt in der Lichterzeugung. Der FEL wird neue Maßstäbe bezüglich der Strahlungsintensität und der Qualität der erzeugten Strahlung setzen und langfristig vor allem Licht kurzer Wellenlängen, also Röntgenstrahlung liefern. Es sollen Pulse mit einer Länge von nur wenigen Femtosekunden entstehen, die sowohl räumlich als auch zeitlich kohärent sind. Beides sind Eigenschaften wie sie bisher nur von Lasern im optischen und nahen Vakuum-Ultraviolett-Licht (VUV)-Bereich bekannt waren. Die Brillanz der Quelle, ein Maß für ihre Intensität unter Einhaltung gewisser Qualitätskriterien, übersteigt diejenige der modernsten Synchrotron Strahlungsquellen der dritten Generation, um neun Größenordnungen.

"Wir befinden uns damit nicht nur am Rande bekannten Terrains, sondern um Größenordnungen weit von unserem bisherigen Erfahrungshorizont entfernt, mitten in einem absolut neuen, unerforschten Bereich, einer terra incognita der Strahlungs-Materie-Wechselwirkung", sagt Professor Joachim Ullrich vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg.

Die Max-Planck-Initiative "DESY-Free Electron Laser" um Ullrich hat nun mehrere Pionierexperimente vorgeschlagen, die alle von den internationalen Gremien genehmigt wurden. Die Messungen sollen zunächst helfen, die vielfältigen grundlegenden Fragen zur Wechselwirkung dieser kurzwelligen, extrem intensiven, vollständig neuen Lichtquelle mit den Bausteinen unserer Welt, mit einzelnen Atomen, Molekülen, Clustern und Ionen, unter Gewinnung größtmöglicher Information aufzuklären und zu verstehen. Sie bilden damit zum einen die Grundlage zahlreicher zukünftiger Experimente im Bereich der Grundlagenforschung, wie z.B. zeitaufgelöster Messungen molekularer Reaktionen ("molecular movie") oder von Präzisionsmessungen zur Quantenelektrodynamik und sind darüber hinaus voraussichtlich für eine Vielzahl weiterer Anwendungen von essenzieller Bedeutung. Diese reichen von der Femtochemie über die Plasmaphysik, die Materialforschung und -bearbeitung bis hin zur Molekularbiologie. Dort erhofft man sich, die Struktur einzelner Biomoleküle in der Gasphase erstmals vermessen und vielleicht sogar Strukturänderungen, wie die Faltung von Proteinen, zeitaufgelöst verfolgen zu können.

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