Max Planck Gesellschaft: Cholesterin und Alzheimer

Entdeckung von "Cholesterin-Flößen" im Zellinneren ermöglicht auch besseren Schutz vor Alzheimer

07.12.2000

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden haben neue Forschungsergebnisse vorgelegt, wonach Cholesterin nicht nur bei der Arteriosklerose, sondern auch bei der Alzheimerschen Krankheit eine wichtige Rolle spielt. In der amerikanischen Fachzeitschrift "Science" (1. Dezember 2000) berichten sie über Transportvehikel im Inneren von Zellen, die durch Cholesterin flexibel zusammengehalten werden. Die Kenntnisse darüber, wie diese "Cholesterin-Flöße" funktionieren, eröffnet auch neue Wege zur Therapie der Alzheimerschen Krankheit.

Cholesterin ist Bestandteil aller menschlichen Gewebe. Es wird vom Körper in allen Zellen hergestellt, aber auch mit der Nahrung aufgenommen. Der Körper benötigt diesen lebenswichtigen fettähnlichen Stoff, um Steroide wie Cortison oder einige Sexualhormone und Gallensäure zu produzieren. Aber auch stabile Zellwände werden mit Hilfe von Cholesterin aufgebaut.

Professor Dr. Kai Simons und seine Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden forschen schon seit Jahren an der Frage, welche Aufgaben Cholesterin in der Zelle und besonders in Zellmembranen zu erfüllen hat. Kai Simons Arbeiten führten zur Entdeckung von Transportvehikeln im Inneren der Zelle. Das sind floßartige Strukturen, die von Cholesterin zusammengehalten werden. Die Forscher halten das für die Hauptaufgabe des Cholesterins in Zellen von Tieren und Menschen. Diese "Cholesterin-Flöße" transportieren bestimmte Arten von Proteinen aus dem Inneren einer Zelle an ihre Oberfläche. Dort spielen die Flöße eine wichtige Rolle bei der Übermittlung von Signalen aus der Blutbahn an verschiedene Gewebe, so dass sie nicht nur als Transportvehikel sondern auch als Biosensoren angesehen werden können.

Der Cholesterinspiegel im Blut und in allen menschlichen Zellen wird sehr genau reguliert. Ist der Cholesterinspiegel erhöht, bildet sich ein Fettüberzug an der Innenwand der Blutgefäße. Es kommt zur so genannten "Arterienverkalkung", der Arteriosklerose.

Eine andere wichtige Volkskrankheit, die mit Cholesterin zu tun hat, ist die Alzheimersche Krankheit. Als deren Ursache gilt ein Proteinfragment , das so genannte Beta-Amyloid. Es lagert sich im Gehirn ab und führt zum Tod von Nervenzellen. Der Patient leidet dadurch an wachsender Konzentrationsschwäche und an Gedächtnisschwund.

Die Wissenschaftler in der Gruppe um Kai Simons haben nun herausgefunden, dass Cholesterin auch bei der Entstehung des Beta-Amyloids eine wichtige Rolle spielt. Sie folgern daraus, dass Beta-Amyloid in den Cholesterin-Flößen von Nervenzellen gebildet wird. Diese Hypothese scheint sich nun durch zwei neue Arbeiten zu bestätigen (Wolozin et al. Arch. Neurol. 2000; 57, 1439-1443 und Jick et al. Lancet 2000; 356, 1637-1631). In beiden Studien wird über die Behandlung von Patienten mit Statinen berichtet, Substanzen, die die körpereigene Produktion von Cholesterin hemmen: Von diesen Patienten erkrankten 70 Prozent weniger an der Alzheimerschen Krankheit als Personen, deren erhöhter Cholesterinspiegel im Blut nicht behandelt wurde.

Professor Simons vermutet, Cholesterin könnte auch bei Krankheiten, die durch Bakterien, Parasiten oder Viren hervorgerufen werden, eine wichtige Rolle spielen. Auch das Aids-Virus (HIV) nutzt die "Cholesterin-Flöße", um in Zellen eindringen zu können. Es ist zu erwarten, dass die Wissenschaftler am Dresdner Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik mit ihrer künftigen Cholesterin-Forschung entscheidend zur Aufklärung der molekularen Ursachen dieser Krankheiten beitragen können.

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