Eine Kunststofffüllung zwischen zwei Scheiben Stahl revolutioniert den Schiffbau

29.11.2001

Wasser hat keine Balken - deshalb ist die Sicherheit in der Seefahrt oberstes Gebot. Ob Öltanker, Autofähre, Frachter mit wertvoller Ladung oder Luxusyacht, bald können sie noch sicherer durch die Wogen gleiten. Ein neuartiges Verbundsystem aus Stahl und Kunststoff macht Schiffe stabiler und langlebiger, und das sogar zu geringeren Kosten. Mit ihrem innovativen Sandwich-Plate-System (SPS) läutet die BASF in Zusammenarbeit mit der Firma Intelligent Engineering Ltd., London, eine neue Epoche im Schiffbau ein. Experten trauen der Neuentwicklung der BASF-Tochtergesellschaft Elastogran zu, die klassischen Stahlkonstruktionen im Schiffbau völlig abzulösen.

Das Wort "Sandwich" ist Programm: Zwei Schichten aus Stahl werden durch eine Füllung aus Kunststoff fest verbunden. Dieser Kern besteht aus einer speziellen Mischung des Kunststoffs Polyurethan (PUR), er ist gleichzeitig extrem haltbar und elastisch. Das macht die SPS-Bauteile viel belastbarer als bisher verwendete Stahlkonstruktionen. Durch diese Bauweise sind die SPS-Schiffe leichter, und das Material hat eine längere Lebensdauer. Außerdem sinken die Kosten für Reparaturen, Wartung und Neubau von Schiffen aller Klassen. Damit erschließt sich der Elastogran, dem Technologieführer für PUR-Kunststoffe, ein riesiger Markt. Bis 2010 erwartet die BASF durch SPS ein zusätzliches jährliches Umsatzpotenzial in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.

Schiffe müssen viel aushalten, da bleibt kein Platz für Romantik auf den massiven Stahlkolossen. Aggressives Salzwasser nagt am Schiffsrumpf. Die Gischt hoher Wellen fegt über das Deck. Nässe dringt in jede Ritze. Die Decks von Fähren ächzen unter der Last tonnenschwerer Lkw. Massige Container schrammen die Wände der Laderäume entlang. Und bei Anlegemanövern stecken die stählernen Riesen so manchen Stoß an der Kaimauer ein. Da müssen sich Schiffbauer einiges einfallen lassen. Entscheidende Vorteile bringt hier die neue SPS-Technik, erfunden von Intelligent Engineering und entwickelt in Zusammenarbeit mit Elastogran.

Bei der traditionellen Bauweise bestehen Rumpf und Decks typischerweise aus Stahlplatten, die etwa ein bis zwei Zentimeter dick sind. Sie müssen mit aufgeschweißten Versteifungsleisten stabilisiert werden. Rund 60 Kilometer Schweißnähte ziehen sich allein entlang der Wände eines mittelgroßen Tankschiffs. Das verursacht erhebliche Arbeits- und Materialkosten beim Bau und beim Reparieren. Außerdem sind die Schweißnähte Schwachstellen im nassen Alltag, denn sie rosten als Erstes und sind damit anfällig für Ermüdungserscheinungen.

SPS ist diesen Stahlkonstruktionen in vielen Punkten überlegen: Das System ist so stabil, dass die Anzahl der Versteifungselemente drastisch reduziert werden kann. Bis zu 50 Prozent der aufwendigen Schweißarbeiten entfallen. Die Konstruktion wird einfacher und kostengünstiger und ist dabei gleichzeitig widerstandsfähiger im Vergleich zu den konventionell gebauten Modellen.

Dr. Jens Dierssen, SPS-Experte bei der BASF-Kunststofftochter Elastogran: "Unsere SPS-Bauweise eignet sich für Schiffe aller Art." Rund 87 000 Frachter, Tanker und Kreuzfahrtschiffe befahren derzeit die Weltmeere, jährlich werden 2000 große Schiffe neu gebaut. "Ein vielversprechender Markt, und der Nutzen für die Umwelt und die Sicherheit auf See ist enorm", meint Dierssen.

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