Universität Leipzig: Forschungsprojekt gegen Gammelfleisch
Dr. Krex, Institut für Lebensmittelhygiene
Schlachtabfälle sicher kennzeichnen
In den letzten zwei Jahren wurden deutschlandweit tausende Tonnen verdorbenes, abgelaufenes oder minderwertiges Fleisch beschlagnahmt. Der jüngste Fall: Memmingen/Wertingen, Bayern. Vor wenigen Wochen wurden dort etwa 200 Tonnen sogenanntes K3-Fleisch beschlagnahmt. D. h. Fleisch des nicht für den Verzehr durch Menschen tauglich ist, sondern normalerweise zu Hunde- und Katzenfutter verarbeitet wird. Ein Großhändler hatte die Ware umetikettiert um sie anschließend, vermutlich für die Herstellung von Dönerfleisch, weiterzuverkaufen.
Das solche kriminellen Aktionen nicht mehr möglich sind, dafür wollen nun die Wissenschaftler der Universität Leipzig sorgen. "Die Idee ist, das K-3 Materials sichtbar zu kennzeichnen. Das soll die irrtümliche oder absichtliche Fehlnutzung der Schlachtabfälle verhindern", so Prof. Manfred Coenen vom Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik. "Wir suchen momentan nach einer geeigneten Substanz für die Markierung von Schlachtabfällen - das sind beispielsweise bestimmte Gewebeabschnitte, Haut und Stichfleisch vom Hals. Der Farbstoff muss hitze- und kältebeständig, gesundheitlich unbedenklich und auch noch bei hohem Verdünnungsgrad gut sichtbar bzw. mit einfachen photometrischen Verfahren nachweisbar sein."
Nach einem Jahr der Praxistest
Ist die passende Markersubstanz gefunden, muss überlegt werden, wie der Färbeprozess kostengünstig und unproblematisch in den Ablauf der Schlachtbetriebe integriert werden kann. "Wir können den Farbstoff nicht einfach mit einem Löffel über das Fleisch werfen", so Coenen. "Wir brauchen auch eine technische Lösung für die Einleitung des Farbstoffes ins K3-Material. Das muss billig sein. Alles andere ist unpraktikabel." Coenen hofft, binnen eines Jahres die Vorarbeiten abzuschließen und in den Praxistest zu wechseln. Übernehmen wird diesen Test das Institut für Lebensmittelhygiene der Universität Leipzig unter Leitung von Prof. Ernst Lücker, der mit Prof. Coenen kooperiert. Während einer Modellschlachtung wird die Methode auf Tauglichkeit geprüft und bei Erfolg danach in einem lokalen Großschlachtbetrieb ausprobiert.
Abfallfleisch notwendig für Futtermittelproduktion
Unter Gesichtpunkten der Lebensmittelsicherheit und Ökonomie ist das erwartete Verfahren von hoher Bedeutung. Coenen erklärt: "Ein Wegwerfen von umgangsprachlich als Gammelfleisch bezeichneten Schlachtabfällen beim Produktionsprozess sei ökologisch nicht tragbar". Das K3-Material trägt ja prinzipiell keine Keime, sondern ist nur für den Menschen genussuntauglich. "Es soll und muss für die Herstellung von Futtermitteln für Fleischfresser verwendet werden." Das Verfahren wird also die Sicherheit der Verbraucher gewährleisten, ohne die Futtermittelproduktion zu behindern.
Niedersächsisches Ministerium fördert Forschungsprojekt
Bereits vor einem Jahr machte sich Prof. Coenen Gedanken darüber, wie man den Fleischskandalen Einhalt gebieten können. Er recherchierte und traf dabei auf die Anwendung von Farbstoffen zur Fleischtypmarkierung in Australien. Daraufhin unterbreitete er dem Niedersächsischen Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Anfang des Jahres seine Projektskizze und traf auf Zustimmung. Das Projekt wird seither vom Niedersächsischen Ministerium gefördert. Das Vorhaben traf nun auch auf weitere Zustimmung: Die Verbraucherschutzminister aller Bundesländer einigten sich vergangene Woche in Baden-Baden auf eine bundesweite Kennzeichnungspflicht von Abfallfleisch mit Farbstoffen.