Standort Deutschland ist viel besser als sein Ruf

Das moderne deutsche Industriepark-Modell kommt bei ausländischen Unternehmen gut an

14.01.2008

Während hierzulande häufig die negativen Seiten des Standorts Deutschland beklagt werden, schaffen ausländische Unternehmen Fakten. Die Milliarden-Investitionen, die in den letzten Jahren aus den USA und Japan zu uns geflossen sind, machen deutlich: Der Standort Deutschland ist viel besser als sein Ruf. An manchen Industriestandorten wie z.B. Kalle-Albert bei Wiesbaden gibt es keine deutschen Gesellschafter mehr. Im nordrhein-westfälischen Industriepark Oberbruch sind es ausländische Gesellschaften wie die japanische Toho Tenax, die die Vorteile des modernen deutschen Industriepark-Konzepts erkannt haben und nutzen.

Der Strukturwandel in der chemischen Industrie hat dazu geführt, dass die Werke in Deutschland sich öffnen für Neuansiedlungen - moderne Chemieparks mit attraktiven Strukturen entstehen. Dadurch ergeben sich Synergien und Kooperationsmöglichkeiten. Investoren stehen von der Planung, über Bau und Betrieb bis zur Wartung und Zertifizierung von Industrieanlagen alle Leistungen zur Verfügung. Die Ansiedlung funktioniert nach dem Prinzip "plug and play". Investoren treffen in den Industrieparks auf eine voll-ständig ausgebaute Infrastruktur sowie weitere günstige Rahmenbedingungen, wie etwa logistische Anbindung oder enger Kontakt zu Forschungs- und Bildungseinrichtungen.

"Das Industriepark-Modell kommt in Kontakten mit ausländischen Unternehmen sehr gut an", berichtet Petronella Gerards, Leiterin des Standortmarketings im Nuon Industriepark Oberbruch, von Kontakten mit Interessenten aus dem Ausland. Die Betreiber offerieren eine breite Palette hochspezialisierter Services. Die zuverlässige Versorgung mit einem breiten Energiemix gehört dazu wie die gesicherte Entsorgung. So sind Produktion, Logistik und Infrastruktur vernetzt.

Mit "Invest in Germany" hat die Fachvereinigung Chemieparks beim Bundesverband der chemischen Industrie (VCI) eine von der Politik initiierte Fördergesellschaft gefunden, die die Chemiepark-Idee international unterstützt. Um die europäischen Standorte wieder auf die Landkarte der globalen Chemieinvestoren zu bringen, haben einige Chemiestandorte die European Chemical Sites and Promotion Platform (ECSPP) gegründet. Solche Netz-werke - darin sind sich die Experten einig - sind für ein internationales Standortmarketing zwingend notwendig.

Doch nicht nur beim Standortmarketing vernetzen sich die Industrieparks immer mehr. Auch für das Dienstleistungsportfolio werden zunehmend Allianzen geschmiedet. Mit der Initiative n.g.ineering haben die ehemaligen Hoechst-Standorte Gendorf, Gersthofen und Wiesbaden ein gemeinsames Angebot für Engineering-Dienstleistungen geschaffen, in dem Projekte in der Größenordnung bis 10 Mio. Euro abgewickelt werden. Das Ziel: Eigene Ingenieurkapazitäten besser auslasten und Geschäft außerhalb der eigenen Stand-orte entwickeln. Auch die Analytik-Kooperation zwischen den InfraServs Wiesbaden und Knapsack verdeutlicht den Trend zu gemeinsamen Aktivitäten der Standorte.

Um jedoch wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Standorte genau analysieren, welches ihre Kernkompetenzen sind. "Für unsere technischen Dienstleistungen sind wir zur Überzeugung gelangt, dass wir zu wenig vom Vermarkten verstehen", berichtet Michael Molter, Geschäftsführer des Industrieparks Griesheim. Daher haben sowohl der IP Griesheim als auch Infraserv Höchst ihre technische Dienstleistung an den Industriedienstleister Rheinhold & Mahla verkauft. "In Europa wird die Konzentration der techni-schen Dienstleistungen weiter voran schreiten", meint Molter.

Dass die Ansiedler mit dem Outsourcing nicht zwangsläufig ein sinkendes Leistungsniveau befürchten müssen, zeigt auch das Beispiel Oberbruch: "Bei uns kann jeder seine Leistungen frei wählen. Trotzdem weiß jeder, wen man anrufen muss - das funktioniert wie eine kleine Stadt", beschreibt Petronella Gerards.

Und selbst beim Major-User-Standort Ludwigshafen der BASF wurden mit der Umsetzung des Standort-Konzepts marktfähige Preise für Dienstleistungen aus dem eigenen Unternehmen angestrebt und verwirklicht. Der Direktor des dortigen Ansiedlungsmanagements, Michael Christill: "Das ist eine große Herausforderung, aber auch die einzige Möglichkeit, wie sich solche Serviceleistungen in Unternehmensstrukturen wie die der BASF aufrecht erhalten lassen."

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