Zelluläre Bauprinzipien nachempfunden
Vielfältige unterteilte Nanostrukturen durch unabhängige Aggregation von Tensiden und Gelbildnern
Zellen enthalten vielfältige Bauteile, wie Kanäle, "Motoren", strukturgebende Gerüste (Cytoskelett) und "Kraftwerke" (Mitochondrien). Damit diese sich bilden, müssen sich ihre Bestandteile, vor allem Proteine und Lipide, "erkennen" und per Selbstaggregation richtig zusammenlagern. Zudem ist es notwendig, dass sich nicht kompatible Komponenten in verschiedene Phasen trennen: Bei der Proteinfaltung etwa halten sich hydrophile und hydrophobe Molekülteile voneinander fern und lagern sich bevorzugt mit "Gleichgesinnten" zusammen. Biomembranen entstehen, wenn viele kleine Lipid-Moleküle so aggregieren, dass ihre hydrophoben "Schwänze" zueinander und, die hydrophilen "Köpfe" nach außen in Richtung des wässrigen Mediums zeigen.
Diese Prinzipien ahmte das niederländische Team mit Hilfe zweier selbstaggregierender Verbindungsklassen nach: Tenside und Gelatoren. Tenside bestehen wie die Lipide natürlicher Membranen aus einem hydrophilen und einem hydrophoben Segment und aggregieren wie diese, z. B. zu membranartigen Doppelschichten oder zu Vesikeln (Bläschen). Um die bei der Proteinfaltung wirkenden Kräfte - Wasserstoffbrückenbindungen und hydrophobe Wechselwirkungen - nachzuahmen, wählte das Team einen scheibchenförmigen Gelator, bei dem sich hydrophobe und hydrophile Molekülteile in konzentrischen Ringen abwechseln. Wie bei den Proteinen gilt: Gleich und gleich gesellt sich gern. Das bringt die Scheibchen dazu, sich säulenartig aufeinander zu stapeln. So entstehen lange Fasern, die die Flüssigkeit als dreidimensionales Netzwerk durchziehen und in Form eines Gels binden.
Die Forscher lassen ihre Tenside und Gelatoren gemeinsam aggregieren. Dabei nehmen die Komponenten voneinander keinerlei Notiz. Diese unabhängige Bildung verschiedener supramolekularer Strukturen innerhalb eines einzigen Systems nennt man orthogonale Selbstaggregation. Dabei entstehen neuartige, komplex kompartimentierte Architekturen, z.B. einander durchdringende, aber voneinander unabhängige Netzwerke oder auch Vesikel-Konfigurationen, die mit Gel-Fasern koexistieren.
Originalveröffentlichung: Jan van Esch et al.; "Preparation of Nanostructures by Orthogonal Self-Assembly of Hydrogelators and Surfactants"; Angewandte Chemie 2008, 120, No. 11, 2093-2096.