Kohlenstoffnanoröhren, die wie Asbest aussehen, verhalten sich auch wie Asbest
Neue Studie zeigt, dass das Einatmen langer, dünner Kohlenstoffnanoröhren zu asbestbedingten Erkrankungen führen kann
In der Untersuchung wurden etablierte Verfahren eingesetzt, um festzustellen, ob spezifische Arten von Nanoröhren ein Mesotheliom hervorrufen können. Beim Mesotheliom handelt es sich um einen Krebs des Lungenepithels, der 30 bis 40 Jahre nach der Belastung entstehen kann. Die Ergebnisse zeigen, dass lange, dünne, mehrwandige Kohlenstoffnanoröhren, die wie Asbestfasern aussehen, sich auch wie Asbestfasern verhalten.
Die vor fast 20 Jahren entdeckten Kohlenstoffnanoröhren werden als der Wunderwerkstoff des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Leicht wie Kunststoff und fester als Stahl werden sie für den Einsatz in neuen Medikamenten, Batterien mit hohem Wirkungsgrad und futuristischer Elektronik entwickelt. Doch seit ihrer Entdeckung wurde auch die Frage aufgeworfen, ob diese Werkstoffe im Nanobereich eventuell gesundheitsschädlich sein könnten und den aufkommenden Markt für alle Arten von Kohlenstoffnanoröhren, ob mehr- oder einwandig, unterminieren könnten. Führende Marktforschungsfirmen sehen für die kommenden vier bis sieben Jahre einen Nanoröhren-Gesamtumsatz von jährlich bis zu 2 Mrd. USD voraus, so ein Artikel in der US-Zeitschrift Chemical & Engineering News.
"Die Studie stellt genau die Art strategischer, zielgerichteter Untersuchungen dar, die wir brauchen, um die sichere und verantwortungsvolle Entwicklung der Nanotechnologie garantieren zu können", sagte Andrew Maynard, wissenschaftlicher Chefberater des Project on Emerging Nanotechnologies und einer der Autoren des Berichts. "Die Studie nimmt sich einen ganz speziellen Nanowerkstoff vor, der voraussichtlich weite kommerzielle Verwendung finden wird und versucht, ganz spezifische Fragen zu einer ganz spezifischen Gesundheitsgefährdung zu beantworten. Obwohl Wissenschaftler seit Jahrzehnten wegen der Sicherheit langer, dünner Kohlenstoffnanoröhren besorgt sind, wird die Frage derzeit von keinem der strategischen, US-amerikanischen Forschungsvorhaben im Umfeld Nanotechnologie, Gesundheit und Risikoabschätzung näher untersucht."
Die von Professor Kenneth Donaldson geleitete Forschungsgruppe an der Universität Edinburgh in Grossbritannien untersuchte die möglichen, als Vorläufer des Mesothelioms bekannten, pathologischen Reaktionen auf lange und kurze Kohlenstoffnanoröhren, lange und kurze Asbestfasern und auf Russ. Das Material wurde Mäusen in den Bauchraum injiziert, was einen empfindlichen Prädiktor für die Reaktion des Lungenepithels auf lange Fasern darstellt.
"Die Ergebnisse waren eindeutig", sagte Donaldson. "Lange, dünne Kohlenstoffnanoröhren zeigten die gleiche Wirkung wie lange, dünne Asbestfasern." Donaldson betonte allerdings, dass Teile des Puzzles noch fehlen. "Wir wissen immer noch nicht, ob Kohlenstoffnanoröhren überhaupt durch die Luft befördert und eingeatmet werden können und ob sie, falls sie in die Lunge gelangen, bis zum empfindlichen äusseren Epithel vordringen können. Doch falls sie in ausreichenden Mengen dorthin gelangen sollten, besteht die Gefahr, dass einige Betroffene, eventuell erst Jahrzehnte nach dem sie das Zeug eingeatmet haben, Krebs entwickeln", stellte Donaldson fest.
Doch zeichnet sich aufgrund der Untersuchung auch ein Silberstreifen am Horizont ab. Donaldson zufolge "verhielten sich kurze und gebogene Kohlenstoffnanoröhren nicht wie Asbest und wenn man die möglichen Gefahren langer dünner Kohlenstoffnanoröhren kennt, kann man daran arbeiten, sie unter Kontrolle zu halten. Es handelt sich also durchaus auch um gute Nachrichten und nicht etwa nur schlechte. Sie besagen einfach, dass Kohlenstoffnanoröhren und die aus ihnen gefertigten Erzeugnisse sicherer gemacht werden können."
Doch Donaldson fügte hinzu, dass die derzeitige Studie nur das faserartige Verhalten untersucht hat und damit nicht ausgeschlossen ist, dass Kohlenstoffnanoröhren die Lunge nicht auf andere Art und Weise schädigen. "Weitere Forschungsarbeiten sind notwendig, wenn wir verstehen wollen, wie wir diese Werkstoffe so sicher wie nur möglich einsetzen können", merkte er an.
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