Schwellenwerte für allergieauslösende Bestandteile in Lebensmitteln notwendig

Experten fordern Grenzwerte für die Kennzeichnung und Standards für den Umgang mit Allergenen in der Lebensmittelproduktion

27.10.2008 - Deutschland

Für Erdnussallergiker können schon Spuren von Erdnüssen lebensbedrohlich sein - umso wichtiger, dass auch geringe Erdnussmengen in verpackten Lebensmitteln gekennzeichnet werden. Zutaten, die zur Rezeptur eines Lebensmittels gehören und bekanntermaßen Allergien auslösen können, müssen bereits jetzt gekennzeichnet werden. Gelangen jedoch Spuren bekannter Allergene unbeabsichtigt in das Lebensmittel, bleibt die Kennzeichnung dem Hersteller überlassen und ist nicht gesetzlich geregelt.

Lebensmittel tragen dann Hinweise wie „Kann Spuren von Erdnüssen enthalten“, oder „In unserem Betrieb werden auch Erdnüsse verarbeitet“ auf der Verpackung. Experten aus Medizin, Ernährungswissenschaft, amtlicher Lebensmittelüberwachung, Interessenverbänden und Lebensmittelindustrie sind sich einig, dass Hersteller Spuren allergener Bestandteile in ihren Produkten soweit wie möglich reduzieren sollten. Die Kennzeichnung der verbleibenden Spuren sollte verbindlich geregelt werden. Dazu sind Grenzwerte erforderlich, oberhalb derer ein Allergen gekennzeichnet werden muss. „Die Werte sollten sicherstellen, dass Allergiker ausreichend geschützt sind, dass die Mengen analytisch nachweisbar sind und dass sie für Lebensmittelhersteller umsetzbar sind“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Nach Ansicht der Expertinnen und Experten sollten für jedes Allergen eigene Grenzwerte festgelegt werden.

Produziert ein Schokoladenhersteller zuerst eine Nussschokolade und danach eine Vollmilchschokolade, können geringe Reste der Nüsse unbeabsichtigt in die Vollmilchschokolade gelangen. Was die meisten Verbraucher beim Genuss der Schokolade nicht bemerken, kann für Allergiker schwere gesundheitliche Folgen haben. Bereits Spuren allergieauslösender Bestandteile können bei ihnen zu Beschwerden wie Hautrötung, Atemnot, und Kreislaufkollaps führen, bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock. Viele Hersteller weisen auf den Verpackungen ihrer Produkte auf mögliche Spuren allergener Lebensmittelbestandteile hin, um sich vor haftungsrechtlichen Konsequenzen zu schützen. Dies geschieht freiwillig und mit unterschiedlicher Wortwahl. Immer mehr Lebensmittel werden vorsorglich so gekennzeichnet, auch wenn sie den allergenen Stoff gar nicht enthalten. Das schränkt die Lebensmittelauswahl für Allergiker unnötig ein.

Die Teilnehmer eines Expertengesprächs berieten in Berlin darüber, welche Schwellenwerte man für die Kennzeichnung von Allergie auslösenden Bestandteilen in Lebensmitteln festlegen kann. Der Schwellenwert bezeichnet die geringste Menge eines Stoffes, die bei empfindlichen Personen eine allergische Reaktion der Schleimhäute, der Atemwege, der Haut oder des Magen-Darm-Traktes hervorrufen kann. Allerdings können diese auslösenden Mengen individuell unterschiedlich sein. Darüber hinaus beeinflussen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel körperliche Anstrengung, andere Bestandteile der Nahrung oder die Einnahme von Medikamenten das Auftreten und die Intensität von allergischen Reaktionen.

Auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten und Erkenntnisse muss für jedes Allergen die Menge ermittelt werden, unterhalb derer die meisten Allergiker keine Symptome entwickeln. Wird daraus ein gesetzlicher Grenzwert abgeleitet, sollte auch berücksichtigt werden, dass diese Mengen überhaupt durch analytische Routinemethoden nachweisbar sind, damit sie von der amtlichen Lebensmittelüberwachung kontrolliert werden können. Lebensmittelhersteller sollten bei guter Herstellungspraxis zudem in der Lage sein, den Grenzwert auch einzuhalten. Weitere Verbesserungen des Qualitätsmanagements in Lebensmittelbetrieben im Hinblick auf unbeabsichtigte Spuren Allergie auslösender Bestandteile hielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Expertengesprächs ebenso für erforderlich. Die Ermittlung der Grenzwerte sowie die daraus abgeleiteten Kennzeichnungsregelungen sollten von weiteren Forschungen mit Allergiepatienten begleitet werden, damit auch bereits festgelegte Werte gegebenenfalls angepasst werden können.

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