Merckles Firmen-Imperium wird zwei Tage nach seinem Tod zerschlagen

09.01.2009 - Deutschland

(dpa) Zwei Tage nach seinem Selbstmord ist Adolf Merckles Lebenswerk endgültig zerbrochen: Seine Unternehmensgruppe wird zerschlagen, das Filetstück, der Pharmakonzern ratiopharm, in einem denkbar ungünstigen Marktumfeld verkauft. Merckle hatte dieses Szenario klar vor Augen: Die entscheidenden Verträge unterschrieb er selbst noch kurz vor seinem Tod, die Folgen erleben wollte er aber nicht mehr. Der 74-Jährige hatte es nicht verkraftet, die Kontrolle über sein Firmenimperium zu verlieren.

Am Mittwoch besiegelten die rund 30 Gläubigerbanken und Merckles Vermögensverwaltung VEM die Zerschlagung des Firmengeflechts. Die Banken gewähren der in Finanznot geratenen VEM zwar den dringend benötigten Überbrückungskredit von rund 400 Millionen Euro. Doch der Preis dafür ist hoch: Ausgerechnet der Ulmer Generika-Hersteller ratiopharm, den Merckle selbst aufgebaut hat und an dem er leidenschaftlich hing, soll verkauft werden. Gleichzeitig drängen die Banken die Familie Merckle aus der Gruppe. Sohn Ludwig Merckle verkündete, dass er seine Tätigkeit als VEM-Geschäftsführer nicht fortführen werde.

Genau das wollte der Milliardär offensichtlich nicht mehr miterleben. Zwar stellte er mit seinen letzten Unterschriften noch die Weichen für die Sanierung der Gruppe und bewahrte diese mit den rund 100.000 Mitarbeitern vor der Zahlungsunfähigkeit. Aber sein Motto «Mir ist fremd, etwas aufzugeben» konnte er nicht mehr erfüllen.

Schon seit Monaten wurde über den Verkauf von ratiopharm spekuliert. Mit einem Umsatz von etwa 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2007 könnte das Unternehmen mit 5400 Mitarbeitern einen Erlös von drei bis fünf Milliarden Euro einbringen. Aber einen überhasteten Verkauf in der Wirtschaftskrise wollte Merckle unbedingt verhindern: Die drei bis fünf Milliarden Euro wären derzeit nach Überzeugung vieler Analysten kaum zu erreichen.

Auch nachdem VEM am Mittwoch den baldigen Verkauf angekündigt hatte, blieben die Analysten vorsichtig. Es sei eher kein guter Zeitpunkt zu verkaufen, sagte Carsten Kunold, Pharma-Analyst bei Merck Finck. «Die Generika-Märkte sind eher schwierig, vor allem in Deutschland.» Es herrsche ein ziemlicher Preisdruck. Allgemein seien die Bewertungen nicht mehr so hoch wie sie einmal waren.

Für den Münchner UniCredit-Analysten Jochen Schlachter kommt der Verkauf dennoch nicht überraschend. Der Markt habe schon lange darüber spekuliert. «Das ist jetzt nur die offizielle Bestätigung der VEM, dass der Verkauf vorangetrieben wird», sagt er. Das werde den Markt jedoch nicht weiter beeinflussen. Zumal ratiopharm nicht an der Börse gehandelt werde und relativ konjunkturresistent sei. Trotz allem sind auch seiner Meinung nach die Bewertungen für ratiopharm nicht mehr so hoch.

Merckles Gläubigerbanken bestehen trotzdem auf ihrer Forderung. «Der Verkaufsprozess wird voraussichtlich mehrere Monate in Anspruch nehmen», teilte ratiopharm mit. VEM und die Banken werden nun einen Treuhänder bestimmen, der gemeinsam mit der ratiopharm- Geschäftsführung den Verkauf organisiert.

Mit dem Erlös sollen Finanzlücken in der Gruppe gestopft werden, vor allem bei HeidelbergCement. Anschließend soll ein langfristiger Sanierungsplan für die Unternehmen der gesamten Merckle-Gruppe erstellt werden. Dieser soll eine Laufzeit von bis zu eineinhalb Jahren haben und einen umfassenderen Kredit beinhalten.

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