Optischer Silizium-Chip bricht alle Rekorde
Die Gruppe habe "das Beste aus zwei Welten zusammengebracht", sagt Professor Jürg Leuthold vom Institut für Photonik und Quantenelektronik (IPQ). Die Wissenschaftler haben ein organisches Material entwickelt, das auf bislang unerreichte Weise hohe optische Qualität mit der Fähigkeit kombiniert, Lichtsignale zu übertragen. Das internationale Team unter der Leitung von Leuthold und dem Karlsruher Professor Wolfgang Freude fand eine technische Lösung dafür, dieses Material in die Silizium-Chip-Technologie zu integrieren, sodass es in Geräten der optischen Telekommunikation eingesetzt werden kann. Und diese enorm verbessern soll: "Der Chip kann die Daten von 2,6 Millionen Telefonanrufern verarbeiten", sagt Leuthold.
In einem Experiment haben die Forscher die Funktionalität der ultraschnellen Datenverarbeitung nachgewiesen. Der Chip ermöglichte es ihnen, ein optisches Datensignal, das bei 170,8 Gigabit pro Sekunde arbeitet, so umzuschreiben, dass daraus vier Datenströme mit 42,7 Gigabit pro Sekunde enstanden - die anschließend auf elektronischem Wege weiter verarbeitet werden können. Indem der Chip die Daten auf optischem Wege prozessiere, so erklärt Leuthold, "kann man die durch die Elektronik bedingten Geschwindigkeitslimits um einen Faktor vier - und noch mehr - überschreiten".
Es ist seit Jahren bekannt, dass Daten mit optischen Mitteln weit schneller verarbeitet werden können als auf elektronischem Wege. Aber noch niemandem war bislang der Nachweis gelungen, dass man mit billigem Silizium bei Bitraten weit über der Schallgrenze von 100 Gigabit pro Sekunde arbeiten kann. Dabei tüftelten Forscher auf der ganzen Welt seit Jahren eifrig an der Weiterentwicklung der Siliziumtechnologie. So meldete die Firma Intel erst kürzlich die erste optische Signalverarbeitung bei 40 Gigabit pro Sekunde.
Die Tatsache, dass die Forschergruppe um Leuthold und Freude diesen Rekord um den Faktor vier überboten hat, beruht darauf, dass die Forscher einen neuen Weg beschritten haben: Die Licht führenden Bahnen auf ihrem Silizium-Chip haben im Gegensatz zu den Licht führenden Wellenleitern der Konkurrenz einen feinen Spalt in der Mitte. Er ist gerade einmal 100 Nanometer breit. Den Spalt füllten sie mit einem neuartigen organischen Molekül auf - und dieses verhalf dem optischen Wellenleiter zu ultraschnellen Eigenschaften. Dabei erhitzen die Forscher das Material bis zur Dampfphase, in der sie es auf die Siliziumstruktur legen. Danach bildet es einen homogenen festen Zustand aus. So füllen die Moleküle den Spalt komplett und gleichmäßig - und verhindern Streuverluste: "Das war der Durchbruch", sagt Leuthold.
Für den Karlsruher Forscher ist die Wahrscheinlichkeit groß, "dass wir auch bei höchsten Bitraten weiterhin mit Silizium arbeiten können". Die Erfolgsgeschichte von Silizium, die vor 61 Jahren mit der Entwicklung des ersten Transistors begann, könne ihre Fortsetzung finden: "indem wir in den kommenden Jahren das Silizium so modifizieren, dass wir optische Signale bei Geschwindigkeiten jenseits des mit Elektronik Machbaren verarbeiten können".
Originalveröffentlichung: Photonics Nature April 2009
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