Photochemische Reaktionen im Computer berechnen
Bits und Bytes statt Bunsenbrenner
Energiezufuhr durch Wärme oder Licht
Um überhaupt in Gang zu kommen, verbrauchen die meisten chemischen Reaktionen zunächst Energie. Häufig erhalten sie diese als Wärme, z. B. indem ein Bunsenbrenner die Temperatur eines Reaktionsgefäßes erhöht. Eine andere Energiequelle kann das Licht sein, das so genannte Photoreaktionen auslöst. Beispiele für verschachtelte Reaktionen, bei denen eine Photoreaktion am Anfang steht, sind die Photosynthese (Umwandlung von Lichtenergie in organismisch verwertbare Energieformen) und der Sehprozess (Umwandlung von Lichtenergie in Neurosignale). "Viele dieser lichtgetriebenen Reaktionen sind thermisch unmöglich oder führen bei identischen Ausgangssubstanzen zu anderen Produkten als die thermische Analogreaktion", erläutert Prof. Marx.
Komplizierte Photoreaktionen simulieren
Thermische Reaktionen laufen typischerweise in einem einzigen elektronischen Zustand - meist dem Grundzustand - ab. Solche Reaktionen können die Forscher bereits seit gut 15 Jahren "in silico", also im Computer, simulieren. "Wir vereinfachen die Grundgleichungen der Quantenphysik, münzen sie in Rechenvorschriften um und lösen sie näherungsweise auf Großrechnern", so Marx. Eine effiziente Methode dazu ist die 1985 eingeführte "Car-Parrinello Molekulardynamik" (CP-MD). Photoreaktionen sind komplizierter, da sie mindestens zwei elektronische Zustände benötigen, die zudem (über sog. "nichtadiabatische Kopplungen") miteinander verquickt sind. Mit einem neuen Algorithmus gelang es Doltsimis und Marx nun, das CP-MD-Verfahren auf Photoreaktionen zu erweitern (nichtadiabatische CP-MD). Ihre Methode kann, im Gegensatz zu ähnlichen Ansätzen, Photoreaktionen sehr effizient und auch für komplexe Moleküle berechnen.
Große und gelöste Moleküle untersuchen
Um mit anderen Rechnungen vergleichen zu können, testeten die Forscher ihre Methode zunächst an einer bekannten Photoreaktion eines kleinen Moleküls in der Gasphase. Ideale Anwendungsgebiete der nichtadiaba-tischen CP-MD sind jedoch gerade die Untersuchung großer Moleküle, etwa DNA Basenpaare, oder von Molekülen in Lösung. Sie kommen in Reaktionskolben chemischer Labors und in biologischen Organismen am häufigsten vor.
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