Die Krise meistern: die deutsche Chemie hat bessere Voraussetzungen als die meisten Wettbewerber

Starker Mittelstand und brancheninterne Arbeitsteilung als Vorteil

09.07.2009 - Deutschland

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) sieht die deutsche Branche in einer guten Ausgangsposition, um die globale Wirtschaftskrise zu meistern. „Wir können auf diese Heraus­forderung flexibler reagieren und sind besser aufgestellt als viele unserer Wettbewerber auf dem Weltmarkt“, betonte VCI-Präsident Prof. Ulrich Lehner vor der Presse in Frankfurt.

Als einzigartigen und größten Heimvorteil der deutschen Chemie sieht Lehner die intensive Arbeitsteilung in der Branche zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Während die Herstellung von Grundchemikalien eine besondere Domäne der rund 150 Großunternehmen darstellt, verarbeiten über 1.500 kleine und mittlere Firmen diese Produkte weiter zu Fein- und Spezial­chemikalien. Nirgendwo sonst auf der Welt hat sich ein derartig starker Chemie-Mittelstand etablieren können. Zudem sind rund 87 Prozent der mittelständischen Unternehmen mit ihren Produkten auf den internationalen Exportmärkten vertreten und besetzen dort Nischenpositionen. Zu den besonderen Vorzügen zählt Lehner weiterhin, dass die Wertschöpfungsquellen der Chemie in Deutschland vielfältiger seien als in anderen Ländern: „Wir sind mit allen anderen Industriebranchen im Land eng vernetzt und unsere Produkte fließen auf allen Stufen der Wertschöpfungs­ketten ein“, stellt der VCI-Präsident fest.

Um die Innovationsfähigkeit der gesamten Industrie zu stärken, sollte die Bundes­regierung nach Ansicht des VCI-Präsidenten zwei Instrumente einführen. Zum einen die steuerliche Forschungsförderung: „Wir plädieren dafür, dass forschende Unternehmen mindestens 10 Prozent der gesamten eigenfinan­zierten Forschungsaufwendungen von ihrer Steuerschuld abziehen dürfen. Schreibt das Unternehmen Verluste, sollte es eine entsprechende Steuergut­schrift ausgezahlt bekommen“, sagte Lehner. Der VCI sieht wesent­liche Vorteile für den Forschungsstandort Deutschland, wenn der Staat eine unbefristete steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung (F+E) für Unternehmen einführen und neben die Projektförderung des Bundes stellen würde: Sie überlasse den Unternehmen die Wahl der Forschungsthemen und sei leicht zu handhaben. Fast alle großen Industrieländer förderten F+E inzwischen über steuerliche Regelungen, gab der VCI-Präsident zu Bedenken. Steuer­gutschriften in Höhe von 8 bis 20 Prozent seien in den OECD-Staaten üblich.

Die zweite Forderung des VCI an die Bundesregierung, um Innovationen zu stimulieren: Abschaffung der Zinsschranke. Die mit der Unternehmens­steuerreform 2008 eingeführte Zinsschranke erschwere Forschungsprojekte und Investitionen, die über Kredite finanziert werden. Die Zinsschranke begrenzt die steuerliche Berücksichtigung von Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben auf 30 Prozent des Ertrages vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA). In der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise verstärke sich der negative Effekt der Zinsschranke erheblich, weil die Unternehmensgewinne sinken und gleichzeitig die Zinsen für Kredite steigen. Die chemisch-pharmazeutische Industrie sei als forschungs- und anlagen­intensive Industrie stärker als andere Industriebranchen von diesem Effekt betroffen „Wir plädieren dafür, als Beitrag des Staates zur Krisenbewältigung die Zinsschranke so schnell wie möglich abzuschaffen. Zumindest sollte es aber gelingen“, betonte Lehner, „die Zinsschranke für zwei Jahre auszusetzen.“

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