"Gestrandetes Erdgas" erschließen und nutzen

RUB-Ingenieur entwickelt Berechnungsmodell für Erdgastransport

05.10.2009 - Deutschland

Ein neues Verfahren für den Seetransport von Erdgas und dessen Wirtschaftlichkeit prüft der Bochumer Maschinenbauer Dominik Höhner in seiner Diplomarbeit: hochkomprimiertes Erdgas (CNG - Compressed Natural Gas). Auf ein Prozent seines Volumens verdichtet und in Spezialcontainern auf Schiffen transportiert, könnte sich diese Methode besonders eignen, um so genannte gestrandete Erdgasreserven zu erschließen. Das sind Erdgasvorkommen, die sich unter derzeitigen technischen Bedingungen nicht wirtschaftlich nutzen lassen.

Zudem entwickelt Höhner ein neues, Excel-basiertes Werkzeug für die Industrie, das es erlaubt, die Kosten und den Energieaufwand verschiedener Seetransportalternativen - via Offshore-Pipeline oder Schiff - für konkrete Projekte zuverlässig abzuschätzen. Für seine Arbeit erhielt der RUB-Maschinenbauer vor kurzem den mit 2.500 Euro dotierten "Studienpreis Gas" 2009 der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW).

Erdgas noch für 60 Jahre

Heute deckt Erdgas knapp ein Viertel des weltweiten Energiebedarfs, die Tendenz für die nächsten Jahre ist steigend. Besonders im Zuge der Klimaproblematik gewinnt Erdgas als relativ "sauberer" Energieträger immer mehr an Bedeutung. Wachsender Verbrauch des Gases, das überwiegend aus Methan besteht, wird noch durch neue Erdgasfunde insbesondere in Russland und in der Nordsee kompensiert. Die Vorräte reichen derzeit voraussichtlich für weitere 60 Jahre.

Pipeline vs. Schiff

Hohe Kosten verursacht der Transport des Gases, wobei bisher zwei Verfahren etabliert sind: per Pipeline als wirtschaftlichste Variante für kurze und mittlere Transportwege sowie der Schiffstransport von flüssigem Erdgas (LNG - Liquefied Natural Gas) als die räumlich und wirtschaftlich flexiblere Variante. So kann LNG nahezu überall hin transportiert werden, zudem können Lieferanten und Abnehmer im Gegensatz zum Pipelinegas unterschiedliche, schwankende Preisniveaus nutzen. Im weltweiten Handel erreichen dennoch drei Viertel des Erdgasvolumens nach wie vor durch Pipelines die Verbraucherländer, ein Viertel über den Seeweg mit LNG. Die Bedeutung des Seetransports per Schiff nimmt jedoch insgesamt zu. In seiner Diplomarbeit vergleicht Höhner den Transport über Offshore-Pipelines (im Meer) mit den Verfahren für LNG und CNG insbesondere mit Blick auf ihre Wirtschaftlichkeit.

CNG: eine Alternative in der Zukunft

Das zentrale Ergebnis: Das noch junge und bisher kaum genutzte CNG-Verfahren ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Alternative zum Seetransport von LNG aus den bisher genutzten Fördergebieten. Es könnte jedoch ermöglichen, bestimmte Transportprojekte kostengünstiger zu realisieren: dort, wo Erdgasreserven vorkommen, die heute als noch nicht wirtschaftlich erschließbar gelten ("gestrandetes Erdgas"). "Damit könnte das CNG-Verfahren spätestens dann interessant werden, wenn uns die Erdgasreserven ausgehen", so Höhner. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist der geringere Energieverbrauch bei der Komprimierung des Gases, während die Verflüssigung des LNG am Exportterminal "sehr energieintensiv" ist.

Ein neues Berechnungsmodell für den Transport

Aus dem Vergleich der Verfahren anhand typischer Projektdaten und Fallbeispiele entwickelt Dominik Höhner ein neues Berechnungsmodell für die Transportkosten von Erdgas. Das Werkzeug basiert auf dem Computerprogramm Excel. Es beinhaltet alle relevanten technischen und wirtschaftlichen Größen der drei Transportvarianten Pipeline, LNG sowie CNG und ermöglicht eine zuverlässige Kostenabschätzung in Abhängigkeit bestimmter Vorgabewerte. Das Tool ermittelt die Investitions- und Betriebskosten entlang der verschiedenen Transportketten und hilft somit, eine Entscheidung für die kostengünstigste Variante zu treffen. Dominik Höhner hat seine prämierte Diplomarbeit am Lehrstuhl für Energieanlagen und Energieprozesstechnik bei Prof. Dr.-Ing. Viktor Scherer geschrieben. Der DVGW-Studienpreis Gas wird jährlich zur Förderung des Nachwuchses im Energie- und Wasserfach für herausragende Diplom-, Master- oder Bachelorarbeiten verliehen.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...