Wasserstoff aus Mikroalgen: Wissenschaftler arbeiten an hocheffizienten Verfahren
KIT koordiniert das Verbundprojekt
Florian Lehr
Die Koordination des Projektes "Wasserstoff aus Mikroalgen: mit Zell- und Reaktordesign zur wirtschaftlichen Produktion" („Hydro- MicPro“), bei dem Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Verbund forschen, liegt bei Professor Clemens Posten vom Institut für Bio- und Lebensmitteltechnik des KIT. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Projekt für die kommenden drei Jahre aus Mitteln des Förderprogramms „Grundlagenforschung Energie 2020+“.
„In HydroMicPro geht es darum, einen preisgünstigen, hocheffizienten Produktionsprozess mit optimierter Biologie und Verfahrenstechnik zu entwickeln, um die Voraussetzung für eine massentaugliche Wasserstoffproduktion zu schaffen“, betont Posten.
Ziel ist es, mit den Investitionskosten für die Kultivierung von Algen auf etwa 25 Euro pro Quadratmeter Bodenfläche zu kommen. Die Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft werden sich mit den Forschungsthemen Photobioreaktor, Gasabtrennung durch Membranverfahren, biologische Sensortechnik für zellulären Sauerstoff, biotechnologische Optimierung von Algen sowie Systemintegration befassen. Ebenso geht es um Praxistests im Freiland und für Raumfahrtanwendungen sowie um eine Umwelt- und Kostenanalyse. Beteiligt sind neben dem KIT (Campus Nord und Süd) die Universität Bielefeld, das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI), Potsdam, die Universität Potsdam, die Ehrfeld Mikrotechnik BTS GmbH (EMB), Wendelsheim, IGV GmbH, Nuthetal sowie die OHB-System AG, Bremen.
Die Mikroalgen-Arbeitsgruppe im KIT wird hierfür einen optisch strukturierten Photobioreaktor entwickeln. Gegenüber gängigen Reaktorkonzepten ist geplant, zunächst die inneren Oberflächen des Reaktors zu vergrößern. In Verbindung mit sehr geringen Schichtdicken soll dies zu hoher Effizienz und verstärkten Zellkonzentrationen führen. Weiterhin wird die übliche Begasung der Algen mit dem wachstumsförderenden Kohlendioxid über Membranen erfolgen, um den Einsatz von Hilfsenergie zu minimieren. Hier ist am KIT auch das Engler-Bunte-Institut involviert. Die Reaktorentwicklung erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt ist das Ziel eine hohe Biomasseproduktion, wie sie auch für andere Wertstoffe aus Algen in Zukunft gebraucht wird. Im zweiten Schritt geht es darum, das System für die Wasserstoffproduktion zu optimieren.
Die Universität Bielefeld übernimmt im Projekt die Identifizierung und biotechnologische Optimierung der Algen für die Biomasse- und H2-Produktion in Photobioreaktoren. Das MPI wird sich der Regulation und Kontrolle der zellinternen Sauerstoffkonzentration widmen und einen Sensor mit transgenen und physiologisch/biochemischen Verfahren entwickeln. Die Arbeitsgruppe an der Universität Potsdam entwickelt eine Messmethode zur Bestimmung der zellinternen Sauerstoffkonzentration. Die EMB liefert Erfahrungen aus einem Mikro- Photobioreaktor und wird das Anlagenkonzept der Produktionsanlage erarbeiten. Erfahrungen mit einem Dünnschichtreaktor bringt die IGV ein; sie wird das neue Verfahren unter praxisnahen Bedingungen im Freiland validieren. Die OHB-System AG wird das Bioreaktorsystem zur Wasserstoffproduktion an energietransformierende Systeme anbinden. Ferner evaluiert die OHB-System AG die Anpassung an weitere Raumfahrtanwendungen.
Das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT bewertet die potenziellen Beiträge der HydroMicPro- Technologie zu einer nachhaltigen Wasserstoffversorgung. Dabei arbeitet es die ökologischen und sozio-ökonomischen "hot spots" der Technologie heraus. Auf Basis der Ergebnisse lassen sich Verfahren zur Wasserstofferzeugung mit Mikroalgen verbessern und geeignete Anwendungsfelder im Energiesystem identifizieren.
Im Ergebnis soll ein Reaktorprototyp vorliegen, der eine wirtschaftliche Wasserstoffproduktion aus Mikroalgen erlaubt. Für die Umsetzung in großflächigen Anlagen sind die nächsten Meilensteine schon anvisiert: Hier wird es um die Automatisierung der Anlage, die Lebensdauer oder auch die Massenfertigung von Materialien (Mikrostrukturierung von Membranen und Beschichtung von transparenten Materialien) gehen.